Dieses Blog durchsuchen

Freitag, 10. Juni 2011

An der Lebensmündung

"An Büchern interessieren mich schon lange und in zunehmendem Maße nur solche rein sachlichen Inhalts: Tabellen, Wörterbücher, Nachschlagewerke. Dazu die Klassiker erster Ordnung. Der kleinste Verstoß gegen die Makellosigkeit der Form ruft innerlich Protest und Gereiztheit hervor: Schlechter Stil, Ungenauigkeit, mißlungene Komposition empfinde ich fast als persönliche Beleidigung. 

Während Flaubert [...] all die Dummheiten sammelte, die die Menschheit, selbst ihre würdigsten Vertreter, von sich gegeben haben. Triumphierend trug er die Dummheiten bei seinen Freunden und bei sich selbst zusammen. So eine Kollektion würde ich mir nie zulegen; Dummheit drückt nieder, man wird mit dem Sammeln nie fertig, so viel gibt es davon. Es gehört viel Naivität dazu zu glauben, es gäbe nur einige Tupfer von Dummheit hier und dort, wo sie doch in vollem Strom dahinfließt. So hört man dann überhaupt auf zu sprechen. 

Was ich vermisse, sind die Reden der Kinder, Kinder sind weise, wenn vermutlich auch nicht alle. Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, sehe ich, wie ich seidem verdummt bin, ich bin allmählich immer dümmer geworden. Jeder Schritt im Leben ist ein Schritt zurück. Höchstens im Alter vielleicht, aber erst in hohem Alter, kann man zur Kindheit zurückkehren. Unterbewußt bin ich ständig mit dem Kleinen (Enkel, Anm.) beschäftigt, unterbewußt, bewußt ist nichts zum Denken da."


Pawel Florenski, in der Verbannung am Weißen Meer, 1936, 
aus einem Brief an seine Mutter

***