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Sonntag, 21. August 2011

Gebäude und Korrektiv

Wenn der Katholizismus entartet, schreibt Kierkegaard, schlägt er in Scheinheiligkeit und Weltlichkeit um. Entartet der Protestantismus, wird er zur geistlosen Weltlichkeit. Beide Richtungen brauchen einander, der Protestantismus aber ist vom Katholizismus regelrecht bedingt.

Was soll, schreibt er in seinen Tagebüchern, die "Angstfreiheit der Gewissen" bewirken als Gleichgültigkeit, wenn die Voraussetzung, die diese Haltung schuf, nämlich die Angst, gar nicht mehr existiert? Dann wird der Protestantismus sinnlos, ja noch schlimmer, er wird zum Raffinement der Weltlichkeit und des Heidentums, das seine Existenzberechtigung auf die Entartung des Katholizismus bezieht. Der Protestantismus hat das Katholische also als Voraussetzung, und übersieht man das, zerfällt er: er kann nicht alleine stehen! Denn noch einmal: er ist lediglich das Korrektiv.

Die Lutherische bloße Innerlichkeit ist höchst gefährlich, sie kann nämlich zum Aller-allerniedersten des Heidentums absinken, wo sinnliche Ausschweifung als Gottesdienst gefeiert wurde. Denn er kann dahin abgleiten, daß Weltlichkeit als Frommheit gefeiert wird. Das kann im Katholizismus - schreibt der Protestant Kierkegaard - nicht passieren. Denn der geht davon aus, daß wir Menschen sowieso Schlingel sind. Während der Protestantismus Menschen braucht, die in Todesfurcht und Zittern und viel Anfechtung dasitzen. Aber davon hat es nie viele gegeben, und wo wären sie heute?



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