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Dienstag, 23. August 2011

Zu gutes Gedeihen

Nun zeigt der Wald interessante Eigenheiten, was das Gedeihen seiner Bäume anbelangt, die sich in ein einfaches Axiom bringen lassen: Je günstiger die Bedingungen für die Bäume, desto schneller und desto härter (gnadenloser) wird der Existenzkampf geführt. Nicht also umgekehrt, wie man vermuten könnte!

Im Wald gilt ja: Wer hat, dem wird gegeben. Das heißt, daß individuelle Vorteile durch Förderung (guter Boden) ALLER dahingehend wirken, daß die per Vererbung Begünstigten noch rascher wachsen als ihre Mitgewächse. Damit eilen sie rascher davon, und bilden die (in Waldterminologie:) Herrscher, die als geschlossene Krone bestimmen, ob es überhaupt ein Wald ist (was erst bei Geschlossenheit eintritt), und zu welchen Bedingungen der Rest - immer unterdrückt - nachkommen kann.

Bäume - mit jeweiligen Eigenheiten, ihrer Art entsprechend, das heißt Lichtbedarf, Nährstoffverbrauch, genetische Veranlagung zu Wuchs und Größe (mit individuell großen Unterschieden) - im Wald stehen in einem natürlichen Konkurrenzverhältnis zueinander, und zu anderen Arten. Sind die Wachstumsbedingungen besonders günstig (das können auch Umweltbedingungen sein - Wasser, Meereshöhe, Bodenbeschaffenheit, Veränderungen der Vegetation in ihrem Umfeld etc.) wachsen die betreffenden rascher. Umso rascher aber auch werden Hierarchien gebildet, in den bekannten Einstufungen von Herrschern - Unterdrückten (mehr oder weniger) - Nachwuchs (Unterdrücktenklasse). Umso rascher auch erfolgt aber nun die Selektion: in deutlich kürzeren Zeiträumen reduziert sich die Anzahl der Bäume in diesem Wald, was deshalb von Bedeutung ist, weil im Normalfall immer wieder Herrschende ausfallen, und so Raum für zweitklassige Bäume, bislang unterdrückt, bieten, die nun nachwachsen können. (Bäume können enorm lange Zeiträume Wachstumsstau "speichern", um dann das Versäumte ihrer vollen Entfaltung nachzuholen.) Bei zu günstigen Bedingungen kann dieser Ausleseprozeß also zu rasch gehen, der Wald kann sich theoretisch zu Tode entwickeln - er schafft sich selbst Wachstumslücken.* In diese stoßen dann minderwertige Hölzer, die Waldbildner, denn deren Samen (Birke, Kiefer) sind kleiner und unempfindlicher, gehen leichter auf.

Zugleich verschiebt sich die Samenreife der Bäume: sie werden umso früher geschlechtsreif, je günstiger (für den Einzelbaum bzw. in hier vertretenem Sinn) seine Wachstumsbedingungen sind.** Zugleich fällt die Fortpflanzung (Samenproduktion) generell zunehmend auf diese "Eliteklasse" der Bäume, denn für Bäume gilt fast immer, daß sie umso mehr Samen produzieren, je "leichter" ihre Lebensbedingungen sind.

Auf den Menschen umgelegt hieße das, daß es ein "durchschnittliches" Schul- und Nachwuchssystem braucht. Ist ein Erziehungssystem zu "fördernd", zu "leicht", erfolgt eine rasche und harte Auslese, die nur einer kleinen Schichte zugute kommt, aber enorme Kollateralschäden - Ausfälle gar! - zurückläßt. Aber selbst das wäre kurzsichtig, zu sagen: gut, man will ja eine Elite! Es führt nämlich zu absehbaren Ausfällen im Wachstum einer Gesellschaft generell - und damit auch (nach nur einer einzigen Generation!) zum Entwicklungsende.

Der Wald - und wir wollen ihn ja als Metapher für eine Gesellschaft betrachten, weil wir meinen, das könne man in vielerlei Hinsicht - braucht zwar Hierarchie, sonst kann er gar nicht entstehen! Aber er braucht eine gewisse Abgestuftheit und Harmonie - als Zugeordnetheit, sonst stirbt er ebenfalls - der Schichten. Ein regelrechtes Förderprogramm für Nachwachsende bringt dabei keine generell qualifiziertere Elite heran, sondern vergrößert den Abstand zu den Nachrückenden (zwischen den Schichten also) einerseits, und bringt sie über das verträgliche Maß unterdrückt zum Absterben. Die Qualität der Elite nimmt aber gleichfalls AB. Mit der Langzeitfolge, daß die Elite sogar (nach Ablauf der Lebensdauer) stirbt, ohne regeneriert zu werden! Der Wald kommt zu Tode.


*Noch ein Faktor: Die Holzqualität nimmt bei zu rascher Differenzierung in diese Klassen AB, weil die Entastung in den unteren Bereichen eine Frage der Zeit des "Wettbewerbs" ist. Wachsen einzelne Bäume zu rasch, entasten sie (im zunehmend freistehenden Teil) nicht in dem Maß, wie eine allmählich sich ausdifferenzierende Baumgruppe es tut, unterdrücken aber über Licht-, Wasser- und Nährstoffvorteil noch deutlicher.

** Dazu noch der Hinweis, daß seit Jahrzehnten in Westeuropa eine immer dramatischere Frühentwicklung der Sexualität bei Kindern und Jugendlichen zu beobachten ist! Hier deutet sich eine Erklärung dafür an. 



*230811*