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Samstag, 10. September 2011

Doch kein Mythos

Wie einen harten Handkantenschlag führt Jean Gebser seine Argumentation, die Gotik entstamme der spanisch-maurischen Tradition! Es sei ein nationalistischer, relativ junger Mythos, der da die Gotik als "deutsche", "germanische" Kunst darstelle.

Hans Sedlmayr widerspricht mit ebenso klarer Stimme, und er beweist in "Die Kathedrale" was er behauptet: die Gotik ist in Frankreich entstanden, und sie weist klar nordische und keltische (!) Einflüsse auf, teilweise sind die irischen Einflüsse zum Greifen, wie in der überschwenglichen Formverspieltheit, der Feinnervigkeit, der Vorliebe für Glas, ihrem Hang für Traumverspieltes und Groteskes, die im Grunde undramatische Ordnung, die alles nebeneinander stehen läßt, wie im Epos, aber kein Steigern: die Elemente haben zueinander keine dramatische Beziehung.

Ihre Bauweise ist wie die Übertragung der norwegischen Stabkirche - erst das Gerüst, dann die Wandfüllung - auf Steinbauweise. Ihre Ornamentik ist wesentlich auf eine Renaissance des Keltischen zurückzuführen, der wir im Grunde sogar unsere literarischen Wurzeln verdanken: im Parzival, im Tristan, im König Arthur. Ihre Theologie klar dionysisch-scholastisch, und damit auch von dieser Seite klar französisch (Dionysius!) und neulateinisch-keltisch. Was die französische Sprache deutlich prägt: sie hat den hüpfenden Aufbau des Keltischen, das sich (W. Krause) in kurzen Sprüngen bewegt - nicht die Schwunhaftigkeit der lateinischen Periode, nicht die Rhythmik des Germanischen.


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