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Donnerstag, 30. August 2012

Treffen im Stiegenhaus - I

Es gab großes Rauschen im Blätterwald, als Unilever ankündigte, seine Strategie in Europa zu ändern: war bisher beim Konsumenten vor allem der niedrige Preis über höhere Menge gefragt, so hat sich das Verbraucherverhalten geändert. Es gelte eine zunehmend größer werdende Schichte der unteren Einkommensklassen anzusprechen, deren Problem vor allem die geringere Liquidität ist. Produkte werden dort nicht gekauft, weil der Kilopreis niedrig ist, sondern weil man gerade das Geld aufbringen kann, um sie sich überhaupt zu leisten. Unilever würde also dazu übergehen, kleinere Verpackungseinheiten zu produzieren, die auch einen (absolut gesehen) niedrigeren Verkaufspreis brächten. Shampoo-Päckchen mit gerade einer Portion seien z. B. in Indonesien DER Renner im Verkaufssortiment.

Aus so manchen Reaktionen hierzulande läßt sich vor allem eines ablesen: Angst und Gegenwehr vor dem Geruch von "Armut", der um diese Ankündigung weht.

Die alles andere als "Neues" verkündet. Schon seit Jahren haben weltweit Konzerne nämlich die untersten Einkommensschichten als Käuferschichte entdeckt. Weltweit leben etwa 1 Milliarde Menschen in Slums. Bislang galten sie als völlig uninteressanter Markt. Aber eine Studie hat vor Jahren herausgefunden, daß das nicht stimmt, sondern ein voreiliges Urteil ist.

Denn selbstverständlich brauchen auch diese Menschen Produkte, und selbstverständlich VERbrauchen diese Menschen auch diese Produkte. Durch das Vorurteil, das Slums anhaftet, litten sie aber unter Unterversorgung einerseits, und würden anderseits oft horrende Preise zahlen (müssen), und tun das auch.

Dies ist im Rahmen eines generellen Umdenkens Slums gegenüber zu sehen. Schon seit zehn, fünfzehn Jahren hat sich die Haltung der jeweiligen Behörden Slums gegenüber nämlich geändert. Städtebaulich und soziologisch sind sie nämlich eher wie "Städte im Werden" zu sehen, als "unangenehme Erscheinung" nur vorübergehend. So begann man weltweit, Slums nicht zu "beseitigen", sondern von innen heraus zu sanieren. Indem man die wilden Ansiedlungen - noch ungeformten, chaotischen Gesellschaften vergleichbar - mit Infrastruktur auszustatten begann, und legalisierte. Denn als Erscheinung der Stadtflucht zu unterdrücken waren sie ohnehin nicht. Das Element, das man bisher aber vernachlässigt hatte war vor allem die Eigenkraft dieser Menschen. Weshalb auch das Abreißen von wilden Siedlungen, mit dem Ersatz durch Sozialwohnbauten, kaum wirklich Abhilfe schaffen konnte und kann, so sehr das nach wie vor häufige Praxis ist.

Vielfach aber baut man seither Straßen und Brunnen, richtet Krankenhäuser und Schulen ein, und stellt günstig oder gratis Baumaterial zur Verfügung. So war es nur eine Frage der Zeit, bis auch die Versorgung mit Gütern nachzog.

Forts. Teil 2 morgen)


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