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Donnerstag, 23. August 2012

Ursachen mit unvorhersehbarer Wirkung

Paul Kennedy zeigt in seinem (an sich gar nicht so empfehlenswerten) Buch "Aufstieg und Fall der großen Mächte", daß historisch gesehen technische Neuerungen keineswegs allen Beteiligten in gleichem Ausmaß zugute kommen, ja im Gegenteil: Während manche Gesellschaften, Staaten davon profitieren, geraten sie anderen - durch dieselbe Neuerung - im komplexen Wechselspiel mit Mentalitäten, Ethik, Traditionen, Absichten etc., zum Nachteil.

Die im 15. Jhd. praktizierte Einführung von Kanonen auf Hochseeseglern zum Beispiel führte zu einer dramatischen Veränderung der Macht- und zu völlig neuen Spannungsverhältnissen innerhalb und zwischen den europäischen Staaten. Obwohl alle dieselbe Technik besaßen, und sie - rein technisch gesehen - gleich anwandten! Es läßt sich auch nicht sagen, daß sie die einen oder anderen vorhersehbar stärkten, daß also die neue Technik die vorhandenen Mächte zum Beispiel bevorzugten, weil die mehr Schiffe, mehr Kapital, was auch immer hatten. Es läßt sich ... gar nichts sagen, die Wirkungen waren unvorhersehbar, so logisch nachvollziehbar sie im Nachhinein im Detail auch sind: Aber ganz Europa (und damit die ganze Welt) brach um.

Der Zustand eines Gesamtsystems mit Rückkoppelungen und Wechselwirkungen ist nicht aus Einzelwirkungen aufgebaut, sondern entwickelt sich "chaotisch".

Die Situation relativen Gleichgewichts wurde in den Auswirkungen also damals entscheidend in Richtung eines "kritischen Systems" (s.u.a. M. Buchanan) verändert. Und kritische Systeme haben die Eigenschaft, daß nicht nur der Anlaß der Wirkung gar nicht mehr direkt entspricht, daß sie unausbleiblich in Richtung "Gesamtkatastrophe" steuern, sondern daß sie unbeherrschbar werden. Schon ein für sich betrachtet kleiner Anlaß, der auch schon oft vorgekommen sein mag, kann den Kollaps des Gesamten auslösen.


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