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Dienstag, 11. September 2012

Außenpolitische Perspektiven - II

Teil 2) - Monarchie als Ausweg

In solchen kleineren Räumen würde sich auch die Individualität der einzelnen Staaten und Völker wesentlich problemloser entfalten und erhalten können. Und Europa würde auf die einzige Weise erstarken, in der es überhaupt geopolitisch bestehen kann: durch die Stärke seiner Individualitäten. Niemals durch Zentralismus. Selbst EU-weit gesehen, wären auch Entscheidungsfindungen wesentlich leichter, weil sich nur die Vertreter der jeweiligen größeren Sub-Räume gegenübersäßen, die nicht fürchten müßten, daß die dicken fetten mächtigen Einzelglieder der Kette - Deutschland und Frankreich derzeit - ihre Interessen zu deutlich durchsetzen könnten. Noch dazu, wo so viele Kleine von ihnen mittlerweile regelrecht abhängig geworden sind.

Ungefährer Raum einer Mittel-Osteuropa-Allianz
Aber auch andere Fehlentwicklungen könnten so abgefangen werden, und das zeigt sich an sehr konkreten Dingen, in denen die Bürokratie in Brüssel zu einer abgehobenen, größenwahnsinnigen Diktatur abgehoben ist. Das wäre nicht der Fall, wenn die Nähe der nächsten Instanz - vom Nationalstaat an gesehen - größer, der Abstand deutlich geringer wäre. Wie im Falle solcher nächsthöherer Ebenen. Diese Abgehobenheit betrifft nämlich (und das bestätigt diese These) keineswegs bei den Abgeordneten aller Länder in gleichem Maß. 

Sie betrifft genau die kleinen Länder wesentlich mehr, wie sich an der unglaubliche Selbstherrlichkeit österreichischer EU-Deligierter zeigt, die von mal zu mal mit noch zentralistischeren Vorschlägen aufwarten, sodaß Österreich regelrechter Vorreiter für den unseligen EU-Zentralismus wurde. Vieles, was an dieser Stelle bereits über die eigentümlichen Charakterdeformationen des Österreichers zu lesen war und ist, fände auch darin seinen heilsamen Weg - über das Selbstfinden im geographischen Raum. Selbst die meist völlig am Thema vorbeigehende Integrationsfrage ist nur auf der Grundlage starken Selbstseins lösbar, will man die sonst unausbleibliche Entwicklung hin zu Parallelgesellschaften - die ohnehin nur eine Klammer in einer Politik finden können, die der Reichsidee ähnelt -

Kleinere Regionalräume, etwa wie oben vorgeschlagen, würden aber noch ehe es zu großen EU-Maßnahmen kommen müßte, bereits in kleinerem Rahmen ausgleichende Stabilisierungen bedeuten, auch und gerade in wirtschaftlichen Angelegenheiten, würden deutlich krisenfester sein. Unter Völkern, die noch viel mehr und viel Konkreteres verbindet, als es in einem gesamten europäischen Raum der Fall sein kann. Wenn sich auch Österreich endlich - endlich! - seiner historischen Verantwortung stellen müßte, und dazu gehören vor allem seine engen Verbindungen mit seinen aus der Monarchie noch eng verbunden gebliebenen, einem mit jedem Schritt beobachtbar wirklich einheitlichen Kulturraum angehörenden Nachbarvölkern. 

Mit viel Phantasie für eine zukünftige weitere Entwicklung - denn auch Deutschland hätte Entfaltungsspielraum. Etwa entlang seiner historischen Bruchstelle, dem "Weißwurstäquator", der Rhein-Main-Linie, die eine religiös-kulturelle Grenze ist, mit einem  Nordteil, der zum Ostseeraum fände, und einem Südteil, der sich ins Projekt Mitteleuropa eingliedert, sodaß sich das Land wieder außerhalb des als Idee lähmenden Preußentums finden könnte. Denn wer die Geschichte Bayerns kennt weiß, daß es Bayern war, das sich nie wirklich einem dieser Räume zuordnen konnte, und zwischen den umgebenden Mächten hin- und hergerissen war.

Die außenpolitischen Räume Bayerns, historisch gesehen, waren  nämlich seit je, wie eine Grundbewegung des Volkes ... der Alpenraum, der Süden (bayrischer Barock! der das Land bis heute prägt und in dem seine Kraft wurzelte, 1945 einen Zuwachs von 25 % seiner Bevölkerung in Form von Ost-Vertriebenen zu verkraften, ohne sich selbst zu verlieren), vor allem mit dem lombardischen Raum. Eine analoge Entwicklung wäre also auch für Italien vorstellbar, und entsprechende Kräfte sind dort ja ohnehin bereits heute weit lebenskräftiger und offener, lauter als in Deutschland. Auch in Italien spielt die Staatsidee eine ähnliche Rolle wie in Deutschland.

Während die Grundbewegung der Österreicher, ihr Blick, als bayrische Abspaltung, entstanden als Grenzmark gegen den Osten, immer in Richtung Südosten, der Donau entlang, gerichtet war. Diese Sprache spricht noch heute jeder Stein, der seit 1000 Jahren hier aufgerichtet worden ist, und deshalb noch heute die Seelen prägt.

Um an dieser Stelle aber bei Ost-Mitteleuropa zu bleiben, zeigen sich selbstverständlich auch hier klare Anleihen bei der Reichsidee, und eine solche Allianz wäre auch in dieser Hinsicht, in diesem Geist zu verstehen. Deshalb übrigens der obigen Hinweis auf eine Führungsrolle der Tschechei - das in der Achse mit Ungarn einige sehr konkrete, real vorhandene Ansätze zur Restaurierung einer Monarchie (zumindest auf konstitutioneller Basis) bietet. Zu der Österreich bereits viel zu zerrüttet ist, dieses Land braucht orientierende Hilfe von außen, es hat für solche Entwicklungen bereits zu wenig Eigenkraft, und selbst wenn man es als Habsburger-Land sähe, wäre realpolitisch eine Restauration der Habsburger wohl viel zu problematisch, zumindest vorerst, bestenfalls in dem im vorigen Jahr verstorbenen Otto noch denkbar gewesen. Aber dieser Raum hat klare Achsen - Ost/West, Nord/Süd, hat starke Zentralräume mit zugeordnetem Hinterland (das Hauptproblem Wiens, das bis heute keine Westorientierung zustandebringt, nicht ohne Grund, UND seines östlichen Umlands seit 1918). Noch heute, bei vergammelten Eisenbahnanlagen und desaströsen, willkürlich deformierten Straßennetzen, ist man von Wien aus mit dem Auto  rascher in Lemberg, als in Innsbruck, schneller in Prag als in München, und in fünf Stunden in Triest.

Wobei unterschiedliche regionale Großräume auch unterschiedliche Allianzformen benötigen würden. Im Ostseeraum etwa ist eine Monarchie kaum vorstellbar, weil historisch nicht grundgelegt.

Diese Gedanken sind allesamt nicht neu (und hier auch keineswegs im Detail ausgeformt), sondern dem Denkverbot des gegenwärtigen Dogmatismus, mit dem sich unsere Systeme über Wasser halten, zum Opfer gefallen. Aber sie sind mehr als natürlich, und setzen auf natürlichen Wesensprägungen auf. Selbst ein DeGaulle hat sie seinerzeit angeregt, wenn der Verfasser dieser Zeilen sich richtig erinnert. Und man darf sie ganz gewiß nicht radikal diktieren, muß sie in aller Klugheit verfolgen. Aber man sollte sie - hartnäckig und zielbewußt - verfolgen. Denn sie wären ein konkretes und lohnenswertes Ziel, das sich sehr rasch auf die Identität, das Selbstgefühl der betroffenen Länder und damit auf die Lebenskraft aller seiner Bewohner - eines der Probleme, die man bisher völlig ignoriert und in unübertrefflicher Dummheit auf "Nationalismus" etc. geschoben hat! Nationalismus entwickelt sich dort, wo die Existenz bedroht scheint! - auswirken würde. Die sich nicht mehr - zumindest unbewußt, auf jeden Fall unausgesprochen - diffus und ohnmächtig einer übermächtigen Ebene ausgeliefert sähen, von der sie nur "Gnade" erwarten können. Sondern ihre Zukunft selbst gestalten, ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Wenn wir das nicht bald tun, werden chthonische Kräfte Wege suchen, und sie werden uns, in anderen Formen, überraschen, ja überwältigen, auch in ihren Gegenkräften. Wer sein Schicksal aber nicht wählt, sagen schon die alten Römer, den zieht es.

Naiv? Zu simpel? Der Verfasser dieser Zeilen meint, diese Ideen alles andere als das zu sehen. Aber die großen Ideen waren immer einfach. Nur in wirklich zusammengehörigen, einheitlichen Organismen kann sich aber das Prinzip der Selbstähnlichkeit heranbilden - wo der Teil eines Organismus dieselbe Struktur aufweist, aus denselben Geist atmet, wie das große Ganze. Die Grundlage für jeden einzelnen Bürger, weil er nur so in seinem unmittelbaren Umfeld und Alltagshorizont auch die Strukturen des Großen vorfindet und sich in der großen Politik wiederfindet. Während umgekehrt nur so die große Politik auch wirklich für seine Teile spricht, weil mit ihnen identisch geblieben ist.


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