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Mittwoch, 19. Dezember 2012

Eine wirkliche Römerin

Plinius der Jüngere beschreibt eines der zahlreichen Beispiele aus der Zeit der späten Römischen Republik, also dem frühen Kaiserreich, die das Bild heroischer, freier Frauen hochhielt. So, wie sie auch im Volk höchst verehrt waren und eine sittliche Größe anzeigen, die sich nahtlos in die zahlreichen Fälle christlichen Martyriums einfügt, diese in vielem noch mehr begreiflich macht. 

Ehe ab dem 2. Jhd. n. Chr. die Zeit des endgültigen Verfalls einsetzte, deren Ähnlichkeit in Sitten und Ansichten mit der heutigen Zeit man fassungslos feststellt. Dieser aufgrund der zeitlichen Nähe abrupte Niedergang macht doch stutzig, und man kann davon ausgehen, daß bereits Plinius recht eifrig verklärte, was durch die Emanzipation an der Ehe längst gestorben war. Mit den Frauentugenden war es nämlich zu seiner Zeit schon nicht mehr weit her. Kälte, Verrat und Berechnendheit herrschte in den Ehen vor. Dennoch, die Geschichte ist schön. Und berühmt.

Francois-André Vincent - Arria und Paetus, 1784
In seinem Brief über die ältere Arria, der Ehefrau des Senators Caecina Paetus, zur Zeit Kaiser Claudius, beschreibt Plinius, wie Arrias Mann und der von seinen Eltern über alles geliebte Sohn an einer schwere Krankheit darniederlagen. Der Sohn, reich noch mehr an Tugend als an ausnehmender Schönheit, starb vor dem Vater. 

Die Frau verheimlichte es ihrem Mann, denn sie befürchtete, daß der Schmerz auch ihn dahinraffen würde. Also betrat sie sein Zimmer, ohne eine Regung zu zeigen. Als er sich nach dem Sohn erkundete, tat Arria so, als lebte er noch. "Er hat gut geschlafen, und mit Appetit gegessen," log sie ihm vor. Als die Tränen sie dann doch übermannten, verließ sie den Raum, weinte sich aus, wusch sich das Gesicht, und kam zurück. Tatsächlich genas der Mann.

Um dann aber 42 n. Chr. der Rache des Kaisers Claudius anheimzufallen, denn er war in Aufstände in Illyrien verwickelt. Als die Soldaten ihn in ihrem Haus in Illyrien abholten, wollte Arria unbedingt mit ihm gehen. Das wurde ihr aber verweigert. Da sagte sie: "Einem gewesenen Senator wird man doch nicht die Sklaven bei Tisch und zur Bedienung verweigern? Nun, das werde ich tun." Dennoch wurde sie zurückgewiesen. Da mietete sie ein altes Fischerboot, und folgte in dem klapperigen Kahn dem Schiff, das ihren Mann nach Rom brachte.

Dort wollte sie unbedingt mit ihm sterben. Aber man bedrängte sie, verbat es ihr. Da sprang sie auf, und rammte ihren Kopf gegen die Wand, fiel ohnmächtig um. Als sie erwachte, drohte sie: Sie habe bewiesen, daß sie auf jeden Fall Wege finden werde, mit ihm zu sterben, und wenn sie noch so umständlich seien. So ließ man sie wenigstens seiner Hinrichtung beiwohnen.

Als es soweit war, zog sie plötzlich einen Dolch aus ihrem Gewand, und rammte ihn sich in die Brust. Dann zog sie ihn wieder heraus, und reichte ihn ihrem Mann mit den Worten: "Paetus, es tut nicht weh!"



*181212*