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Samstag, 22. Dezember 2012

Grundgesetze

Das Böse agiert aus der Substanz heraus - es ist in der Unordnung und will sie, die Sünde, als Parasit des Seins, schreibt Pawel Florenski einmal. Indem sie die Ordnung der Welt negiert, negiert sie das Leben, das aus der Ordnung kommt. 

Und er zeigt in Folge die Grundschemata heutiger Weltanschauungen auf, die in der sittlichen Verfaßtheit des Menschen begründet liegen. Nie in rationalem Konnex verstanden werden können, den sie gar nie haben. In jeder dieser von ihm angeführten Haltungen bergen sich somit eine Fülle von Weltsichten, wie man sie auch heute findet. Sie stammen allesamt aus dem Verfehlen des Wahren, und werden insofern zu Metaphern von Lebensbrüchen. Das, was übrigens auch die philosophische Wende des 20. Jhds. erfaßt hat, wie sie sich selbst in den Naturwissenschaften, der Physik namentlich, ausdrückt: Welterkennen ist Selbsterkennen, die Quantenphysik ist bereits Erkenntnisphilosophie, und Selbsterkennen bestimmt das Welterkennen.

"Wenn es kein Geborenwerden gibt, so gibt es auch kein Töten. Wenn kein Sein ist, so ist auch kein Nicht-Sein. Wenn kein Leben ist, so ist auch kein Tod. Wenn kein Licht ist, so ist auch keine Finsternis, denn durch das Licht wird die Finsternis offenbar. Die Sünde ist ein Parasit der Heiligkeit und existiert deshalb, weil die Heiligkeit von ihr noch nicht endgültig abgetrennt wurde - weil der Weizen und die Spreu einstweilen noch zusammenwachsen Indem die Sünde, wie jede parasitische Existenz, ihren Wirt zerstört, unterwühlt sie zugleich sich selbst. Sie richtet sich auf sich selbst, zehrt an sich selbst, denn alles, was keine Erniedrigung will (also sich aus sich selbst erhöhen will), verfällt der Vernichtung."

Die Sünde selbst aber, und mit ihr der Tod, hat außerhalb des Gesetzes kein Sein, dort sind sie nichts, haben nur scheinbaren Bestand, indirektes, abgeleitetes Sein. Zerfällt die Sünde, bleibt das Sein. Zerfällt das Sein (eines Seienden), löst sich die Sünde mit ihr in nichts auf, denn sie ist nur eine Zuständlichkeit des Seins, ein Fehlen an seinem Wesentlichen.

Florenski's Sätze lassen sich deshalb auch umgekehrt sagen: Wo Tod herrscht, gibt es kein Leben. Wo Nicht-Sein herrscht, gibt es kein Sein. Das Böse zerstört sich selbst, es hat keinen Bestand. Bleibt der Mensch in seinem weltlichen Verstand gefangen, zerstört er sich selbst, denn anders als die Vernunft, ist er eine Manifestation der weltimmanenten Selbstheit. Der Hoffärtige zerstört sich also durch seines eigenen Herzens Sinn.

"Indem sie  nur sich selbst in ihrem "hier" und "jetzt" will, verschließt sich die böse Selbstbejahung ungastfreundlich vor allem, was nicht sie selbst ist; aber, indem sie nach Selbst-Vergottung strebt, bleibt sie nicht einmal sich selbst gleich, zerfällt, zersetzt und zersplittert sich im inneren Kampf."

Für den Bösen ist deshalb jedes Wort zuviel. Er zieht daraus nur seine selbstische Immanenz, weil er sich vom Wesentlichen des Gesagten (als Hinweisendem) ausschließt. Auch die Wahrheit wird ihm zum (logisch-zwangsläufigen) Verhängnis.

"Die Sünde ist das Moment der Disharmonie und des Zerfalles des geistigen Lebens. Die Seele verliert ihre substantielle Einheit, verliert das Bewußtsein ihrer schöpferischen Natur, verliert sich in dem chaotischen Wirbel ihrer eigenen Zustände, hört auf, deren Substanz zu sein. Das Ich erstickt in der "gedanklichen Sintflut" der Leidenschaften."

Aber diese Sätze lassen sich auch so sagen: Wo nur Leben herrscht, gibt es keinen Tod. Wo nur Sein herrscht, kein Nicht-Sein. Wo Ewigkeit ist, gibt es kein Böses.





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