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Freitag, 14. Dezember 2012

Wie zeitgemäß

Zum Drüberstreuen, weil der Verfasser schon mal in der Zeitungslektüre ist: Die Presse bringt einen Artikel der von einer Studie berichtet, die nciht nur berichtet, daß 60 % der Jugendlichen über Sex gar nicht reden wollen, sondern daß sich diese Abneigung gegen thematisierte Sexualität in den letzten zehn Jahren verdoppelt hat. 15,5 % der jugendlichen Burschen, 8,8 % der jungen Mädchen, sprechen mit NIEMANDEM über ihre Sexualität. Bezugsquellen über Sexualität sind in enormem Ausmaß Internet, Zeitschriften und Pornos.

Die Studie meint daraus ableiten zu können, daß "sensible" Beratung eine hohe Notwendigkeit besitzt. Sagen wir besser: noch mehr Notwendigkeit ... denn das nachzuweisen war ja wohl der Sinn dieser Studie. Welch Weitblick also seitens des Unterrichtsminsteriums. Das den Nagel auf den Kopf trifft, indem es eine neue Aufklärungswelle im Unterricht verordnet hat. Nur sensibel, selbstverständlich. Die bisherige Zwangsaufklärung hat ihr Ziel ja offenbar nicht erreicht.

Eltern, die das überhaupt nicht wollen, sind einfach nicht zeitgemäß. Ihnen wird ein kräftiges "Willkommen im 21. Jahrhundert!" entgegengeschleudert. Ansonsten sollen sie sich vertschüssen. Die haben doch nie berücksichtigt, was sie Jungen wollen. Rückständige und Ahnungslose haben heute keine Rechte mehr, es hat ein Ende damit, den Jungen etwas aufzuzwingen, was sie gar nicht wollen.

Und die Jugend, die das vielleicht nicht einmal selber will? Papperlapapp. Die Wissenschaft weiß das besser. Also ... heute. Also ... die richtige Wissenschaft. Das müssen also schon wir wissen, was die Jungen wirklich wollen. Die werden schon noch zu wollen lernen was sie wollen sollen. Von uns, vom Unterrichtsministerium.

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Apropos: Die neue Aufklärungswelle des Unterrichtsministeriums wird in erster Linie damit begründet, daß der wirkungsvollste Schutz der Jugend (welch edles Ziel: es ist der Mißbrauch, vor dem es zu schützen gelte!) darin läge, daß sie lernten, ihren eigenen Willen zu respektieren. Diese Grenze dürfe niemand überschreiten. Das sei nämlich das Wesen des Mißbrauchs.*

Wenn diese Studie überhaupt etwas belegt, dann etwas, das sicher nicht in ihrer Intention lag: Sie belegt, daß die Strukturen des schulischen Aufkärungsunterrichts völlig deckungsgleich sind mit den Mechanismen des Mißbrauchs selbst. Öffentlicher Aufklärungsunterricht IST deshalb Mißbrauch. Kollektiver Mißbrauch.

Auch darin paßt er in die Symptomatik unserer Zeit: die eigene Niedrigkeit dadurch "bekämpft", indem sie alle erniedrigt, den eigenen (ethischen) Mangel - und er wirkt als "gefühlt", tatsächlich, er durchdringt alles Denken und Reden, formt es danach, je nach Haltung - zum Allgemeinmerkmal erhebt.



*Genau darin ist der - wissenschaftlich nachweisbare (es gibt solche Studien) - auch inhaltliche Schwachsinn der nun propagierten "sanften" Aufklärungsmethodik alleine erkennbar. Mißbrauch kennzeichnet sich genau dadurch, daß der Mißbrauchte dazu gebracht wird, seine Willensentscheidung der Zielsetzung des Mißbrauchers einzufügen. So gut wie keine Mißbrauchsgrenze ist einfach "fühlbar". Der Mißbrauch, seinem Wesen nach Lüge, arbeitet genau mit der Strategie der Lüge: die wahre Fakten benützt, um falsches Insgesamt zu erreichen. Eine Lücke - durch "Faktenaufkärung" - zu füllen, wird nur das Öffnen einer anderen bewirken, die nun aber noch schwerer erkennbar wird, weil Mißbrauch "abbildhaft" eingegrenzt wurde.  

Vor einer Vergewaltigung kann sowieso kein noch so "sensitiver" Aufklärungsunterricht jemals schützen, auch hier: sogar zum Gegenteil. Weil "verdächtiges" Verhalten erst später als solches erkannt wird.




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