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Dienstag, 22. Januar 2013

Nichts gelernt

Na vielleicht hat die Landesregierung in Salzburg doch nicht 350 oder 700 Millionen an den Börsen verzockt. Vielleicht, schreibt die Presse, hat man sogar 150 Millionen verdient. Wer weiß das schon. Die Untersuchungskommission jedenfalls weiß es noch nicht, die hat aufgrunde der Vielzahl der Konten gerade mal so einen Überblick.  Was bei insgesamt 1,8 Milliarden Euro Spekulationssumme (auf Kredit finanziert, was der obersten Salzburger Finanzbehörde nicht einmal aufgefallen war) mit ständig schwankendem Kurswert ja nicht so leicht ist. Welche Papiere? Unter anderem griechische Staatsanleihen, Kursspekulationen zu Peso, Yen, Zloty, Franken ...

In jedem Fall hat die Regierungskoalition schon beschlossen - und die Grünen sind natürlich gleich hinterdreingehüpft - Spekulationsgeschäfte für Regierungen überhaupt zu verbieten. Denn es geht ja um Steuergelder, die da verspielt werden.

Interessant ist freilich etwas anderes. Die Reaktionen darauf. Offiziell, oder in Leserforen. Erleichterung nämlich. Könnte man nämlich nicht doch ... also wenn es was zu verdienen gibt? Immerhin könnte man damit ja die Budgets entlasten? War also die Landesregierung Salzburg oder Niederösterreich oder Oberösterreich ... doch klug und vorherschauend?

Man  merkt - die Krise, die schon im fünften Jahr als endlich überwunden angekündigt wird, und doch von Höhepunkt zu Höhepunkt gesteuert ist, wird auch auf ihren nächsten Höhepunkt zusteuern. Denn man hat nichts gelernt. Niemand. Nicht die Regierungen, nicht die Bevölkerung, nicht die Medien. Dieses Begreifen ginge zu sehr ans Mark der Unbeweglichkeit, und verhindert damit Einsicht.*

Denn es ist überhaupt nie darum gegangen, ob da verloren oder gewonnen war. Das ist nur eine Geschmacksrichtung. Das Gericht ist aber dasselbe geblieben. Die Geschäfte werden durch Gewinne nicht legitimiert. Das Unethische daran liegt nämlich nicht am Verlust. Und das Deprimierende nicht an ein paar hundert Millionen mehr Defizit. (Denn daß natürlich keineswegs gespart wurde, trotz vollmundigster Ankündigungen, belegt eine jüngst erschienene Kritik der OECD; die einzige Budgetkosmetik verdankt Österreich höheren Abgaben, und der Inflation).

Das Deprimierende ist, daß nach wie vor niemand begriffen zu haben scheint, daß es kein Geld gibt, das sich selbst vermehrt. Daß jeder Euro, der an den Börsen gewonnen wird, von irgendjemandem aus Fleisch und Blut mit echtem Wert gefüllt werden muß. Wenn eine Regierung an den Börsen spekuliert, dann macht sie das also in jedem Fall in der Hoffnung auf eine weitere Steuer, und das ist das Unethische daran. Verliert sie oder gewinnt sie - das ist gleichgültig, nur Formsache. Verlierer ist immer der einfache Bürger, der die Wirtschaftsleistung erbringen muß, die kein Staat der Welt erbringt. Die er nur ausnützt.**

BEIDES muß der gewerbetreibende Bürger (ausdrücklich ausgenommen sind ja Beamte und Politiker, aber selbst viele Dienstleitungserbringer - alle erbringen nur Tertiärleistung, die der Primär- und Sekundärsektor letztlich erwirtschaftet) erarbeiten. Ob Kontenprüfungen an Landesregierungen nun Gewinne oder Verluste ausweisen. ER hat es bezahlt, und wird es bezahlen. Einmal mit Blümelein dekoriert, einmal mit medialen Pauken und Trompeten, weil er es ja immer schon gewußt hat: die da oben taugen nichts. Können nicht einmal an der Börse zocken. Einmal muß er das, was die Regierungen gewinnen, erarbeiten, Regierungsgewinne sind also Steuern, sonst nichts***, einmal muß er deren Verluste erarbeiten. Auch durch Steuern. Völlig unabhängig, mittlerweile, ob die Börsen in Hongkong oder Wien sitzen. Die Wirtschaftsstrukturen in Wien unterscheiden sich nur noch marginal von denen in Detroid oder Peking.

Aber, warf da R ein, warum soll eine Regierung nicht mit dem Geld, das DA ist, spekulieren, es vermehren, den Markt ausnützen? Wenn eine Regierung so viel Geld hat, daß sie spekulieren kann, hat sie es erstens unrechtmäßig und/oder zweitens zum falschen Zeitpunkt, zu früh also, eingehoben. Dann soll sie die Steuern senken, oder Fristen verlängern, jedenfalls die Bürger wieder entlasten. ABER vor allem: Eine Regierung, die spekuliert, NÜTZT nicht den Markt, sondern sie IST der Markt.**** Was bekanntermaßen so weit gehen kann, daß der Staat überhaupt den Markt okkupiert - wie es bei einem Verschuldungsgrad von 80, 85 % eintritt, ab wo der Staat den Markt verdrängt. Er ist in jedem Fall Teil des Marktes, und er ist einer, der nie Verlust machen kann, weil diesen ohnehin die Steuerzahler - die "Konkurrenten" also - zahlen. Damit fehlt dem Staat als Markt, als Marktteil das Wesentliche des freien Wirtschaftens - das existentielle Risiko. Ein Staat, der spekuliert, spekuliert also gar nicht. Er erhöht zynisch die Steuerlast.

Und deshalb hat eine Regierung - ob im Bund, im Land, oder auf Gemeindeebene (und dort ist es schon lange erschreckend üblich) - nicht an der Börse zu zocken. Sodaß, wie in Salzburg und gewiß fast überall, Gewinne aus der reinen Finanzplanung sogar als Sollwerte budgetiert werden.***** Nur deshalb. Nicht, weil sie auch verlieren könnte. Da ist die vom Chefredakteur des Profil auf Servus-TV angesprochene intellektuelle Arroganz von Beamten, die meinen, klüger als der Markt und Banken zu sein (denn das ist das auslösende Moment von Spekulationen) nur noch Beigut.




*Und das hat sogar seine anthropologische Begründung. Dazu ein andermal Grundlegenderes. Es ist also auch hier falsch, jammernd zu moralisieren - die Menschen würden nicht begreifen, sich nicht ändern, was auch immer. Der Mensch ist nicht darauf ausgelegt, die Metakriterien zu ändern. Er ist prinzipiell ein Bewegter, viel mehr als ein Bewegender. Die Demokratie wird hier Opfer ihres eigenen Mythos.

**Das macht es ja so grotesk, wenn Bürger ihren Verdienst in Spekulationspapieren anlegen. Anlegen ... Sie selbst erarbeiten jene Gewinne, die sie dann in ihre eigene Tasche zu stecken meinen, mehr ist das nicht. Sie selbst erhöhen also den Druck, mit dem sie dann arbeiten müssen.

***Dazu zählen auch Nationalbankgewinne, übrigens! Sie sind Steuern.

****Und das ist bei sozialistischen Regierungen, wie in Salzburg, ganz besonders pikant. Die als erste gegen die pöhsen Spekulanten schreien. Die sie selber sind. Wie immer: die Linke schafft sich, was sie bekämpft selber.

*****Nach Darstellung des Anwalts der inkriminierten Sachbearbeiterin hat das Land Salzburg 15 Mio Euro Spekulationsgewinne im Budget vorveranschlagt.


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