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Mittwoch, 13. Februar 2013

Doppelmühlen

Eines hat die "Energiewende" bereits nach kurzer Zeit erbracht: Es hat sämtliche Marktverhältnisse aus dem Lot gebracht. Jüngstes Beispiel, das durch seine Randbedingungen zu einer wunderbaren Groteske geworden ist, ist ein Energieprojekt der Wien-Energie.

Da hatte ein findiger oberösterreichischer Unternehmer die Idee, aus seinen leeren Bergwerksstollen im Pfaffenboden bei Molln, Oberösterreich, ein Pumpspeicherkraftwerk zu machen. Die leeren Stollen sollen bei Strom-Überproduktion von Wasser leergepumpt werden, das wenn Strom gebraucht wird, wieder in die Stollen eingelassen wird, und dann Turbinen betreibt. Der 150.000 Haushalte mit Strom versorgen sollte.

Der Mann war umtriebig, erwirkte sämtliche Genehmigungen, und hatte natürlich die Grünbeflissenen aller Parteien auf seiner Seite, die ein Vorzeigeprojekt witterten. Darunter: die Wien-Energie, den der Stadt Wien gehörenden Energiekonzern. Denen war auch kein Problem gewesen, daß sämtliche übrige europäische Energieproduzenten nach Prüfung des Projekts abgewunken hatten.

Nur: Die hatten Gründe dafür. Sie konnten vor allem offenbar besser rechnen. Das Kraftwerk ist, oder wäre, mit seinen 320 Mio Investitionssumme nämlich gar nicht rentabel, wie die Wien-Energie jetzt auch entdeckt hat, und das Kraftwerk nun doch nicht zu bauen scheint. Denn schon im September 2012 hätten die Arbeiten beginnen sollen. Warum?

Die Stromproduktion zur Hauptlastzeit - Mittag - ist durch Wind- und Solaranlagen außer Rand und Band. Es wird längst viel zu viel Strom produziert, und durch Abnahmeverpflichtungen den Produzenten gegenüber zu garantierten (hohen) Preisen auch ins Netz geliefert. Damit fällt zu Mittag der Marktpreis für Strom in Europa ins Uferlose. Nicht nur zu viel Strom, sondern zu billiger Strom überschwemmt damit den Markt. Wir haben über diesen Teil der Groteske schon berichtet.

In dieser Zeit hören mittlerweile auch niederländische (etc.) Gaskraftwerke zu produzieren auf, man überlegt überhaupt deren Einstellung. (Und das angesichts einer Situation, die die Preise für Erdgas, von dem weltweit mittlerweile mehr als genug da ist, ins Bodenlose fallen lassen wird.**) Denn jedes Kilowatt, das Gaskraftwerke noch auf absehbare Zeit ins Netz liefern, würde Geld kosten, die Kosten der Produktion wären nicht gedeckt. Die Wien-Energie kann natürlich auch diese Logik nicht außer Kraft setzen. Auch wenn sie erst jetzt draufkommt, daß damit die möglichen Betriebsstunden eines solchen Kraftwerks zu wenig werden, um eine Anlage wie diese überhaupt rentabel führen zu können. Also ... wird das Kraftwerk nicht gebaut, wie man nun beschloß. Oder daran ist, zu beschließen. Denn die Sache hat einen Haken.

Der clevere Unternehmer hat den Wiener Energiebetrieben eine Vertragsklausel abgeluchst, dergemäß im Falle des Nichtbaus 25 Mio. Euro an den Ideenlieferanten zu zahlen hätte, und binnen vier Jahren fällt auch die Idee an deren Urheber zurück. So berichtet es die Presse. Man steht also nun in einer Zwickmühle, einer Doppelmühle, wie es im Spiel heißt: Was immer man tut, man steht nur noch vor der Wahl, welchen Verlust man bevorzugt.***

Wenn das nicht nach den nächsten Subventionen schreit? Manchmal könnte man freilich den Eindruck gewinnen, daß die Energiewende, die sämtliche organischen Marktverhältnisse aus dem Gleichgewicht bringt, vor allem eines ist: Eine gigantische Geldverbrennungsanlage. Naja, liefert auch Wärme ...




*Ehe hier Schlagworte wie "Gier" und "Gewinnrausch" ins Spiel kommen, sei kurz darauf hingewiese, daß ein Unternehmen natürlich versuchen muß, selbsttragend zu werden. Das ist nicht mehr oder weniger als das, was jeder Organismus der Natur tut und anstrebt. Also muß ein Tun auch ausreichend Gegenleistung einbringen, um einerseits den Aufwand zu ersetzen, der für den Fortbestand geleistet wird, anderseits Gewinn zu erwirschaften, um das eingesetzte Kapital für seinen Konsumverzicht (das bedeutet Sparen und Kredit, das bedeutet Investition) zu entschädigen. Darin, vereinfacht, gründet die Notwendigkeit eines Unternehmens als Organismus, sich selbst tragen zu können, und zwar im Rahmen des Marktorganismus, dem Aufeinandertreffen von Bedürfen und Können-können.

**Hier eröffnet sich für die Grünpolitik aller Parteien eine erste Doppelmühle: Denn die Energiewende braucht notwendig eine Reservekapazität im Umfang ihrer eigenen Kapazität - konventionelle Kraftwerke, mit Kohle oder Gas betrieben. Auf eine Kostensenkung bei Gas-Strom aber darf nicht gehofft werden. Denn zwar wird der Weltmarkt mit Gas mittelfristig überschwemmt, das ist bereits absehbar (und wird den USA durch billige Energie einen regelrechten Wirtschaftsboom ins Land schwemmen, soweit ist es schon vorhersagbar), doch dieses Gas wird durch die Fracking-Methode gewonnen. Was aufgrund ihrer brachialen Eingriffe in die Umwelt höchst umstritten, und in Österreich und Deutschland deshalb verboten ist. Weil sich aber die meisten Länder der Erde nicht daran halten, weil sie die Umweltbedingungen anders sehen, wird billige Energie zukünftig die deutschen und österreichsichen Märkte noch mehr unter Druck setzen. 

***An diesem kleinen Beispiel läßt sich aber noch etwas anderes demonstrieren: Wie es konkret aussieht, was Ludwig v. Mises als Effekt staatlichen Eingreifens in die Volkswirtschaft vorhersagt. Wonach nämlich Gelder, die der Staat schafft, z. B. um die "Wirtschaft" zu beleben, Austeritätspolitik also, nicht "dem Markt" dient, sondern nur einem dient: den staatsnahmen Unternehmen, die von diesem Geld tatsächlich profitieren, während exakt dieses Geld im Laufe von etwa drei Jahren bis in die staatsfernsten Bereiche "sickert", und dort Inflation bewirkt. Dieser oberösterreichische Unternehmer kann seine 25 Mio noch zum alten Kaufwert nützen, er bereichert sich also am Staatsgeld. Doch je länger dieses Geld in Umlauf ist, wird es durch Geldüberangebot (über vorhandene, angebotene Leistung) die Preise in die Höhe treiben, und über diese Detailpreise die Preise im Umfeld dieser Einzelleistungen.



*130213*