Dieses Blog durchsuchen

Sonntag, 3. Februar 2013

Wie stiftet man noch eine Ehe?

Ein neues Ritual wird immer populärer, berichtet die FAZ: Paare bringen an öffentlichen Plätzen Vorhängschlösser an, auf die (meist) ihr Name, die Initialen samt einem Verbindungssymbol - "&", oder schlicht "+", ineinanderfließende Kreise oder Herzen - sowie meist einem Datum, dem der Stiftung dieser Gemeinschaft, eingetragen ist. Mittlerweile hat sich dieses Ritual so verfestigt, daß diese Inschriften zunehmend eingraviert, festlich geschmückt werden.

Nachdem sie zeremoniell angebracht werden, ist vor allem wichtig: den Schlüssel wegzuwerfen. Darin drückt sich auch aus, daß das Paar sich der Gesellschaft gegenüber sieht, eine Gemeinschaft beschließt, die nur ihnen beiden eignet, in die nicht eingebrochen werden darf, und die sie selbst bindet. Daß sie mehr als eine Affaire möchte.

Hohenzollernbrücke, Köln (copyr. FAZ)
Sehr häufig finden sich diese Plätze, die oft bereits Touristenattraktionen geworden sind, in der Mitte von Brücken, als Verbindung zweier Seite, die sich in ihrem äußersten Punkt der Freiheit verbinden, um miteinander zu tragen. Gleichzeitig drückt sich noch etwas aus: in der Masser der Schlösser, die häufig bereits vorzufinden sind, geht das Einzelne mehr und mehr unter. Die Verbindung wird zur Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe - einem Stand.

Wenn die öffentlichen Institutionen ausgelöscht, eingeebnet werden, entsteht die Notwendigkeit, das Wesen solcher Dinge neu zum Ausdruck zu bringen, neu zu institutionalisieren. Die Ehe ist ausgehöhlt, sie erfüllt diese Funktionen (die doch ihr Wesen wären) nicht mehr. Der gesellschaftliche Rahmen für eine solche dauernde Verbindung - die gestiftet werden muß, die nicht von selber entsteht, das drückt sich darin vorwiegend aus - wird als ungenügend empfunden. Ehen sind gesellschaftlich trennbar. Schlösser, denen der Schlüssel fehlt, nicht mehr. Welche Mittel haben zwei Menschen aber noch, diesen Willen zur Dauer, in dem sie sich selbst unter einen Entschluß stellen, zur Darstellung zu bringen?

In solchen Ritualen drückt sich also genau das aus, was das Wesen der Ehe ausmacht. Die damit ihren anthropologischen Zug offenbart - Teil der unveränderlichen menschlichen Natur zu sein. Die sich nicht in der Intimität der momentanen Zufälligkeit und Stimmung genügt, sondern in dieser gestifteten unzertrennbaren Gemeinsamkeit Teil, Element der Gesellschaft wird. Es ist der Menschennatur entsprechend der Geist, der die eigentlichen Lebensformen stiftet, und darin zur Gestalt und zur Erfüllung bringt.

Das Leben sucht sich eben seine Wege, und genügt die Gesellschaft mit ihren Institutionen nicht mehr der Lebenserfüllung, beginnen die Menschen eine Parallelgesellschaft zu errichten, ein Doppelleben zu führen. Die offzielle Ebene wird dem eigentlich Gewollten aber bedrohlich. Bis eines Tages die erste Hülle des Offiziellen völlig entleert zusammenfällt, und wie ein Spuk vorübergeht. Wie eine Schlange, die sich häutet.





***