Dieses Blog durchsuchen

Mittwoch, 6. März 2013

Nichtwissenschaftlich

"Nun behauptet man also, daß der CO2-Gehalt der Atmosphäre gestiegen sei. Das sei wissenschaftlich bewiesen. Was aber ist wirklich wissenschaftlich bewiesen? Bewiesen ist, daß unter bestimmten Bedingungen in bestimmten Höhen unter diesen und jenen Meßverfahren mit diesen und jenen Instrumenten diese und jene CO2-Konzentration in exakt diesem und jenem Abschnitt gemessen wurde. Und das über diesen und jenen Zeitraum.

Mehr ist wissenschaftlich nicht bewiesen, mehr kann eine Wissenschaft, die sich als solche bezeichnen möchte, nicht daraus machen. Man weiß nicht warum, und jedes Herstellen von Wirkzusammenhängen ist pure Spekulation, deren Kern sich bei genauerer Betrachtung in Luft auflöst. Keine einzige Theorie, die existiert und Wirkzusammenhänge behauptet, hat sich als wissenschaftlich haltbar erwiesen. Das ist übrigens wissenschaftlich bewiesen, wenn man so will.

Wir wissen gar nichts, das ist Fakt. Alles andere ist Interpretation und Ableitung und Meinung, die unter bestimmten Zielvorstellungen, die Vorstellungen über ein Gesamtverhalten sind, gefaßt werden. Aber schon dieses Gesamtverhalten ist in höchstem Maß Meinung, denn wir sind schon aus prinzipiellen Gründen gar nicht in der Lage, das Gesamtverhalten einer Atmosphäre wie der irdischen vorherzusagen. Das sagt uns eindeutig und logisch die Kinetik als Wissenschaft von Systemen mit Informationsrückflüssen.

Und sie baut auf gefährlichen Parametern auf. Denn es gibt sie nicht, "die Atmosphäre". Um die Erde liegt kein starrer Ring mit immer exakt denselben Temperaturen und Winden und Strömungsverhältnissen. Niemand spricht auch über die Relevanz dieser wenigen Jahre, im Vergleich zur Erdgeschichte, die diese Daten erhoben werden. Niemand spricht auch über die Meßverfahren selbst, die sich gewandelt haben, und die Wissenschaftsgeschichte ist voll von Fehlannahmen, die aufgrund geänderter Meßverfahren auftraten.

Vielmehr haben wir sogar Grund zur Annahme, daß die Atmosphäre ein System extrem komplexer Ausgleichungsverfahren ist, deren Gesamtenergiehaushalt in etwa immer denselben Stand anstrebt. Das entspräche auch dem Energieerhaltungssatz, einer der Grundlagen unserer Physik. Ohne zu berücksichtigen, daß die Erde kein isolierter Körper ist, sondern in Wechselwirkung (!) mit dem Kosmos, den Sternen, sogar der Sonne steht. Mit der These, daß der gesamte Kosmos, das Weltall, als Ganzes ein in sich geschlossenes Energiepotential darstellt, wo alle Vorgänge unter dem Paradigma der gesuchten Harmonie sämtlicher Teilsysteme im Rahmen einer Gesamtharmonie verstehbar sind.

Wir verstehen sie aber nicht. Und um sie zu verstehen genügt es nicht, Einzelbeobachtungen zu summieren, sondern dazu müßten wir bestimmte Sinnannahmen treffen. Alleine daß das so unberücksichtigt bleibt, ist einer der dramatischesten Fehler sämtlicher Klimavorhersagen. Denn ein Zielverhalten eines Systems läßt sich nicht aus Einzeldaten ableiten, sondern Einzeldaten werden erst zu solchen, wenn eine Gesamtzielung postuliert wird.

Tatsache ist, daß man von einem wissenschaftlich bewiesenen CO2-Anstieg "der Atmosphäre" genauso wenig sprechen kann, wie von einem wissenschaftlich bewiesenen Klimawandel. Es sind Annahmen aufgrund einzelner Erhebungsbefunde, nicht mehr. Bestenfalls Arbeitshypothesen. Subjektive Beobachtungen über dem subjektiven Eindruck nach schmelzende arktische Gletscher reichen aber gewiß nicht dazu. Und das Schmelzverhalten von Gletschern läßt sich auch nicht wissenschaftlich beweisen, indem man z. B. jahrzehntelang durchgeführte Beobachtungsfeststellungen in eine Datenreihe mit unter bestimmten Umständen und Annahmen und Zeitpunkten (etc. etc.) durchgeführte Satellitendaten in dieselbe Reihe stellt, wie es zuletzt geschah. Das mag im stillen Kämmerchen zulässig sein, um eine Hypothese weiter zu entwickeln, aber damit nach außen zu gehen ist verwerflich. Und im speziellen dieser Fachdisziplin, die ja in einer Hierarchie der wissenschaftlichen Hypothesen und Grundsätze steht, und zwar weit unten, wären viel grundlegendere Vorentscheidungen abzuklären. 

Ich habe leider bei vielen Kollegen den Eindruck, daß sie diese essentiellen Probleme zumindest fahrlässig vernachlässigen. Wissenschaftliche Debatten, an denen ich teilnehme, erinnern mich unangenehm oft an meine Abende in unserem Jugendclub, wo wir mit leuchtenden Augen phantastische Thesen, wie die Welt sein könnte, um die Wette fabuliert haben. Besonders gefährlich weil so verführerisch ist heute die Scheinobjektivität der Rolle, die Computer spielen. Denn er läßt gerne vergessen, daß er nur ein Instrument der Vorannahmen ist. Eine Rechnung wird nicht richtiger, wenn ich perfekt addiere, wenn ich doch eigentlich subtrahieren sollte. Das wird besonders prekär, wenn Kollegen auf automatisierte Auswertungsroutinen anderer Kollegen aufbauen, deren Funktionsparameter sie in Wirklichkeit gar nicht ausreichend kennen können.  

Wir müssen in der Wissenschaft aber aufeinander aufbauen, sonst gibt es keinen Fortschritt. Ich kann aus Erfahrung sagen, wie in komplexen Systemen schon kleinste Mißverständnisse in den Grundannahmen phantastisch falsche Gesamtergebnisse bewirken. Komplexe Systeme wirken zudem nicht einfach horizontal, also von Stufe zu Stufe, sie wirken auch hierarchisch und vertikal. Umso entscheidender ist die Einheit in den Grundannahmen. Und hier stelle ich ein erschreckendes Auseinanderfallen in Singularitäten fest, weltweit. Ich habe damals für meine Studenten in Toronto im ersten Jahr grundlegende Philosophiekurse eingeführt, mit bemerkenswerter Fruchtbarkeit für die spätere Arbeit. Man muß die Metaphysik von Aristoteles kennen, wenn man die Furchung von Keimzellen untersucht. Wie soll jemand organische Systeme untersuchen, der noch nie etwas von Entelechie gehört hat. Es ergibt unvereinbaren Unterschiede, ob ich vom Prinzip der Teleologie bei Organismen ausgehe, oder sie mechanistisch betrachte. Also muß ich das zuvor klären. Jede Detailforschung zuvor ist sinnlos. Den meisten meiner Studenten war gar nicht bewußt, daß sie von so vielen Vorentscheidungen bereits ausgegangen sind, noch ehe sie die erste Vorlesung von mir gehört haben. 
Wenn man über die Begründetheit von Annahmen sprechen möchte, müßte man also zuerst einmal wieder darüber sprechen, worauf diese Annahmen beruhen, und worauf Annahmen beruhen könnten, die solche Annahmen wahrscheinlicher richtig machen. Aber dann beginnt auch die Gewißheit, die angeblich solche Aussagen möglich macht, zu schmelzen, wie ein Gletscher in der Sommersonne.  Wir befinden uns also in Wahrheit mitten in einer Debatte der Erkenntnistheorie, nicht der Klimawissenschaft, und die kann nur mit klarer Systematik geführt werden. 

Die Klimadebatte nähert sich in der heute geführten Form leider einem erschütternden Offenbarungseid der Wissenschaftlichkeit selbst. Die Schäden sind unermeßlich, und das halte ich für die wahre Katastrophe, wenn man über das Klima spricht: man meint, um dem Guten zu dienen, würde es auch gerechtfertigt sein, die Wissenschaft selbst einzureißen. Wo immer man die Decke der Aussagen auch nur ein wenig lüftet, die über vorgeblich wissenschaftliche Ergebnisse in dieser Hinsicht gebreitet wird, stößt man deshalb auf allen Ebenen auf Verfehlungen gegen Grundprinzipien der Wissenschaftlichkeit. Die Gründe für die derzeitige Debatte sind also irgendwo im Ethischen zu suchen. Aber nicht in der Wissenschaft selbst. Politischen Grundentscheidungen dieses Etikett als Ausweis ihrer Richtigkeit und Dringlichkeit umzuhängen ist nicht zulässig, dieser Mißbrauch sollte von der Wissenschaft schärfstens und schleunigst zurückgewiesen werden."
 

Sir Walter Rattley, in einem Interview in 
"As usual", Undergroundpress, London 2012; 
Übersetzung vom Verfasser dieser Zeilen




***