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Freitag, 8. März 2013

Wirklichkeiten

Immer ging die Bürokratisierung - als Wesensmerkmal der Zentralisierung - einher mit einem Ausbau der Verkehrslinien. Als Voraussetzung wie als Folge. Mit den neuen breiten Straßen aber ging die Souveränität der zwischen Einzelnem und Staatszentrum liegenden Ebenen in Relation zu diesem Tempo, das diese Wege ermöglichten, verloren. 

Warum, so kann man fragen, hat nicht das neue Reich der Germanen bzw. Franken, das sich ab dem 8. Jhd. formierte, das außerordentliche Straßennetz der Römer einfach benützt? 

Rom hat nie Straßen gebaut, um das Land zu beleben, das sie durchquerten. Im Gegenteil, diese Straßen waren "gerade", und die Bautechniker beseitigten rücksichtslos, was sie an Landschaftseigenheit vorfanden. Durch Brücken, Einebnungen und Aufschüttungen. Das Bauen von Straßen mit "Damm" wurde von ihnen erfunden - als künstliche Ebene, die sich über alles legte und weitgehend unabhängig vom Ort, ja sogar von der Witterung wurde. Roms Straßen hatten nur einen Zweck: das Land an Rom anzubinden, den Weg NACH Rom zu beschleunigen.

Die Menschen im Mittelalter aber waren Individualisten. Ihre Dörfer und Siedlungen richteten sich nach ihren Bedürfnissen, nicht nach Straßen, ihre Wirtschaft war kleinstrukturiert und raumbezogen. Und so war das römische Straßennetz zum überwiegenden Teil unbrauchbar. Man ließ es verfallen,. sanierte es nicht einmal. Vielfach finden sich dort, wo früher Transversalen des römischen Reiches waren, heute nicht einmal mehr Feldwege.

Erst im 17., 18. Jhd., mit dem Aufkommen des zentralistischen Staates, und damit einhergehend: mit dem Verfall des Reichssinns, begann man diese Straßenbautechniken wieder aufzugreifen. Und ironischerweise waren es vor allem die kleinsten Staaten Deutschlands, die diese Straßenbauweise zuerst aufgriffen. Womit sie sich selbst das Wasser abgruben, und in die Bedeutungslosigkeit und Auflösung versanken.

Napoleon hat diesen römischen Gedanken aufgegriffen und umgesetzt. Und der nächste Schritt der Technisierung war durch die Verwendung von Pappeln als Alleebäume ausgedrückt, es zählte  nur die zentralisierende Funktion: schnellwüchsige, weiche, minderwertige Hölzer ersetzten die Linden und Eichen, mit denen Verkehrswege zuvor gesäumt waren. Pappeln als Symbole. Die man auch heute zu kaum mehr als zu Verpackungsholz, oder für den Bau von Paletten verwendet, oder gar zu Zellulose für die Papierherstellung verschleift.

Wenn die EU also mit der linken Hand das "Europa der Vaterländer" proklamiert, so ist das leeres Gerede.* Weil sie mit der anderen Hand als ihr vorrangigstes Ziel den Ausbau von Transversalen anstrebt, sehr real, sehr geldkräftig. Das erzählt, worauf Europa sehr real zustrebt.





*Also kann man sich  nur an den Kopf greifen, und milde das Schildbürgertum lächeln, das sich z. B. in Niederösterreich abspielt. Wo mit Milliardenaufwand alles getan wird, um die Anbindung an Wien noch breiter, noch beschleunigter auszubauen. Während man gleichzeitig auf die Eigenständigkeit des Landes pocht. Bald wird dort aber der Landeskaiser auf einer leeren Hülle sitzen, das läßt sich mit Gewißheit vorhersagen. Das Leben wird nach Wien abfließen. Denn jede Großstadt lebt vom Land, wie ein Marder vom Blut seiner Beutetiere. Die Folgen lassen sich bereits heute an jedem Quadratkilometer des einst so stolzen Bauernlandes ablesen. Die Zerstörung der niederösterreichischen Kleinstädte und Dörfer ist beispiellos. Darüber können die mit vielen Steuermillionen aufgehübschten, künstlich "beleben" Fassaden nicht hinwegtäuschen.

Ähnliches gilt von Kärnten, das - von sich heraus! - alles beitrug, um die Anbindungen an Graz und nach dem Süden zu beschleunigen. Heute ist Kärnten das einzige Bundesland, das trotz Zuwanderung sogar an Bevölkerung verliert. Während das nördliche Graz (und Wien) ungebremst wächst. Auch dort also weiß die eine Hand der Politik nicht, was die andere tut. 



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