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Montag, 1. April 2013

Geschichte ist unsichtbar (1)

Feiertage begehen das einst Ungesehene nach, sie sind damit lediglich Begehung der Lichtwerdung dieser Ereignisse. In ihnen wird das vormals Geschehene in unsere Wirklichkeit integriert. Das Geschehen selbst aber, wenn es denn wirklich war, ist immer unsichtbar, im Augenblick des Geschehens unerhört, nie zuvor dagewesen, ist im Dunkel - und bricht erst im Rückblick ins Licht, wird im Feiertag in die Festbeleuchtung gestellt.

Deshalb gehört auch die Photographie, das Filmen, dem Vergangenen an, dem Toten. Nichts Gegenwärtiges ist abbildbar im Lichtbild! Nur, was nicht vorm Spiegel steht, gehört sich als Geschehen. Die Menschheit wird nicht durch den eiskalten Narzißmus fortgepflanzt, schreibt Eugen Rosenstock-Huessy, der gesehen werden muß, während er handelt. Das photographierbare Leben ist immer entweder unwichtig, oder bereits stilisiert.

Niemand kann Geschichte "geschehen sehen". Geschichte ist vielmehr geradezu umgekehrt das bereits sichtbar gewordene Geschehen.

Deshalb sieht man auch guten Werken nicht von vorneherein an, daß sie "gut" wären. Gute Werke wiederholen zu wollen hieße, sie zu mechanisieren, und sie damit der Gleichgültigkeit zu überantworten. Man hebt sie damit in die a-moralische Sphäre, weder gut, noch böse.

Inkognito muß geschehen, was fünfzig Jahre später denkmalswürdig werden soll. Der Geschichtskreis der Völker ist aus der nicht gesehenen Geschichte der Einsamen entstanden. Sie sind das Samenkorn des Gemeinsamen - die Wortgleichheit kommt nicht von ungefähr.

Deshalb können Feiertage niemals willkürlich anberaumt werden. Denn in ihnen bricht sich die geschichtswürdige Auslese der bahnbrechenden Ereignisse ihre Bahn in die Sichtbarkeit. Und dieses Licht vergleichzeitigt den Osterhelden von damals mit dem Gläubigen von 2013.


2. Teil morgen) Der Feiertagslose fällt in das Barbarentum - Samt einer Reihe von Fußnoten






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