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Sonntag, 23. Juni 2013

Auswirkungen zur Religion (2)

Teil 2) Taoismus - Die Religion unserer Zeit




Daran zeigt sich, wie scheinbar klein oft die Weichenstellungen in den Philosophien und metaphysischen Konzepten auch der Weltreligionen sind, die in ihren Konseqenzen aber zu völligen Unvereinbarkeiten führen. Und sie sind logische Fehler, keine willkürlichen Auswahlen, die sich aus persönlichen Neigungen und Unfreiheiten (oder: Freiheit) ergeben und in eine völlig andere Praxis münden. Die Haltung zur Welt im Taoismus ist grundverschieden von jener des Christentums, es ist sinnlos, christliche Anschauungen zu unterlegen. Denn da "vereint" sie nichts. Da trennt es sich, und zwar schon in den allerersten Anfängen, den allerersten Grundgedanken.

DIESE, die allerersten metaphysischen Konzeptionen, auch im indischen Denken genauso wie im chinesischen, sind in vielem tatsächlich nahezu deckungsgleich mit der jüdisch-christlichen Sichtweise. Aber sie scheiden sich historisch nachvollziehbar, und werden (je nach Strömung) mehr oder weniger unvereinbar. Jene Haltungen, die im Europa so Mode geworden sind, die da meinen, es wäre in einem noch übergreifenderen Sinn alles vereinbar, irren auf groteske Weise, denn sie setzen diesen Konzeptionen eine vermeintlich überlegene Konzeption entgegen, die aber meist sogar schon bei oberflächlichstem Blick lediglich verabsolutierte Teilkonzepte aus solchen (auch logisch nachvollziehbaren) Fehlwegen sind. Hinter denen menschliche Haltungen, Lebenshaltungen stehen, so wie hinter allen Konzepten menschliche Haltungen und persönliche Entscheidungen stehen, aus denen auch die Religionen erfließen.

Und wieder wäre es ein Irrtum zu meinen, daraus würde sich die Relativität aller Religionen und Haltungen als mangelnder Wahrheitsanspruch ergeben.

Das Christentum verneint dies nämlich nicht nur nicht, sondern es beruft sich ausdrücklich auf diese Personalität, im inkarnierten persönlichen Gott, ja es sieht im Weltgrund selbst, dem Sein, einen personalen Gott. Und das weiß es nur aus Offenbarung, in deren Licht sich sämtliches weitere Denken aufhellt. Das Tao des Taoismus ist "Wirkung". Der Logos im Christentum ist "Gott". Daraus ergibt sich eine völlig andere Stellung des Menschen als Handelndem.

Komplexer wird die Angelegenheit, wenn man nun sieht, daß der Taoismus eine quasi idealisierte Welt sieht, dergemäß die Welt umgestaltet werden könnte, worauf sie in Harmonie stünde. In der es nichts herumzuwerken gäbe, die nur Schmiegsamkeit verlangte, um der wirkenden Kraft des Tao, dem Te, seinen Raum zu geben. Denn darin trifft sich scheinbar diese kosmische Ordnung mit ... dem Kirchenbegriff des Christentums. Die KIRCHE als ecclesia der Getauften ist exakt diese ideale Gesellschaft, die societas perfecta! Woran der Leser die Unterschiede in den tieferen Gedankenschichten erahnen kann, so er das möchte. Denn am Unterschied im menschlichen Handeln, an der Ethik läßt es sich deutlich erkennen: der Christ hat Gestaltungsaufrag weil Freiheit, ja die Verwirklichung der societas perfecta als Gestalt hängt davon ab, wo der Taoist nur Fügsamkeit kennt und damit Fatalist wird. Die schon erwähnte ganz andere Stellung zur Welt selbst läßt sich darin erkennen: dem Taoisten ist die Welt ein kosmisches Getriebe, das von den Reinheit des Alls ausgeht, dem Christen eine vitale Geschichte mit Gott.

Die Sache wird allerdings noch komplexer. Wenn man nämlich an den Punkt gelangt, an dem die abendländisch-christkatholische Metaphysik letztlich steht, und zwar nicht einfach nur in Thomas von Aquin bzw. der Scholastik, sondern in ihrer sehr aktuellen rationalistischen Philosophie, wie in A. N. Whitehead (bei allen Unterschieden, er landet scheinbar im Pantheismus, am Warum arbeitet der Verfasser dieser Zeilen noch) oder in der Phänomenologie ("Sein als Entwerden") und der Lebensphilosophie: Im Denken von Gott ALS AKT, als actus purus. Darüber wird an dieser Stelle wohl noch einiges zu lesen sein. Denn dabei geht es um subtile, immer streng logische, aber fundamentale Unterscheidungen. Keine nebensächliche Haarspaltereien.

Je tiefer, je früher die Unterscheidungen und Trennungen ansetzen, umso dramatischer wirken sie sich am Ende, im konkreten alltäglichen Leben genauso, aus. Das Problem der heutigen Moderne ist im übrigen gar nicht so sehr, daß sie philosophisch irrt. Das Problem ist, daß sie aufgehört hat, ihre Philosophie zu hinterfragen, sich überhaupt um ihre (bzw. die) Philosophie zu kümmern. Daß sie sich im Grunde von der Philosophie also verabschiedet hat, und nur noch im Bereich der "Meinungen" in blindem, auf praktischen Erfolg abzielendem Sophismus und damit längst irrational agiert. Und dabei meint, rational zu sein. Das macht die Gegenwart zu einer wirklichen Groteske. Aber noch mehr: Hierin kündigt sich das eigentliche kulturelle Problem Europas, ja der Welt ab. Das nämlich die Bedeutung des Konkreten, des Geschöpflichen zutiefst erschüttert hat. Wie sehr zeigt sich auch und nicht zuletzt in der Ähnlichkeit der taoistischen Haltungen zu den Haltungen des Gegenwartsmenschen. Gnade folgt der Natur, sagt die christkatholische Gnadenlehre, ja sie setzt sie voraus. Religion und reale Lebenshaltung sind Zueinandergefüge!





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