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Mittwoch, 4. September 2013

Irgendwann zahlt man die Zeche

Rein technisch gesehen ist die Aussage, die der Artikel im Standard (neben vielen anderen) trifft, natürlich völlig richtig: Die Niedrigzinspolitik des Euro-Raumes ist jene stillschweigende Enteignung der Sparer, mit der die Politik der Geldvermehrung der letzten Jahre, mit der die Krise "bekämpft" wurde - indem man ihren Kulminationspunkt in die Zukunft verlegt hat - nunmehr bezahlt wird. Anders geht so etwas auch gar nicht, Geldvermehrung durch Staatskassen ist nicht anders zu bezahlen, als durch die Bürger. Indem sich das Geld mit der Zeit seine Wertharmonie ALS Geld wieder sucht, und das heißt bei Geldvermehrung: Inflation.

Ob sich daraus aber ein Skandalon ablesen läßt, das könnte bezweifelt werden. Denn eine Frage muß sich auch der einfache Sparer in unseren Ländern gefallen lassen, auch wenn es alles andere als populär ist, sie zu stellen.

Nämlich die Frage, wie seine Sparvermögen entstanden sind. Geht man nämlich dieser Frage auf den Grund, ergeben sich bei bestimmter Betrachtungsweise ganz andere Rückschlüsse. 

Die Ausweitung der Geldmenge, wie sie seit den 1970iger Jahren immer alltäglicher wurde, indem sich die Staaten nach und nach verschuldet haben, ist es nämlich gewesen, auf der unser Wohlstand, und damit auch jenes Geld, das wir "ansparen", aufgebaut ist. Es ist ein geliehener Wohlstand! Einer, der uns nie gehört hat.

Die Krise seit 2008 ist in erster Linie eine Krise der Geldmengen. Sie war nur eine Frage der Zeit. Und es war deshalb nur eine Frage der Zeit, bis die Jonglierfähigkeit der Politik an ihrem Ende angekommen ist. In einigen Ländern der Welt (wie Japan) ist es bereits zu beobachten: der Staat kann kaum noch gezielt eingreifen, weil seine bisherigen Eingriffe ein hochkritisches System geschaffen haben. Von dem gar nicht mehr verbindlich aussagbar ist, wie es als nächstes und bei welchen Eingriffen reagieren wird. Entsprechend sieht der Wald aus Wirtschaftstheorien aus, von denen es gut 500 und mehr gibt.

In ihr aber wurde eine immer wieder und wieder hinausgeschobene Notwendigkeit Realität. Nämlich eben die des nie endenden Suchens des Geldes auf wirkliche Wertparitäten, die in menschlicher Leistung fußen. Das ist nämlich seine Natur: Leistungsparitäten abzubilden.

Die künstlich eingeführten Geldverteilungsmechanismen haben diese Leistungsparitäten sehr weitgehend bereits verschoben. Mit neuen Gewinnern. Und es steht hier die provokante These, daß dies vor allem jene Bevölkerungsschichten waren, denen mehr Geld zugeschoben wurde, als ihrer Leistungsparität entsprach. In Sozialgeldern und -leistungen, in Lohnregelungen, in denen vermeintlich geschaffene Werte "gerechter" verteilt wurden, in einem immer weiter gehenden Übernehmen privater Risken durch den Staat. Bis die Menschen in einem Sozialfeld ankamen, wie wir es heute haben: In dem nahezu alle Ursache-Wirkungsbezüge zerrissen und bis zur Unkenntlichkeit vernebelt sind. Das geht bis in die intimsten Lebensvollzüge hinein. 

Daraus erwächst nicht zuletzt die Unfähigkeit, die Tauschparität persönlich erbrachter Leistung noch überhaupt einschätzen zu können. In betriebswirtschaftlichen Termini könnte man es als Unfähigkeit zur realistischen Kalkulation bezeichnen. Wir haben es deshalb heute - aus psychologischen Gründen leicht erklärbar - mit lauter Anspruchsgenerationen zu tun. Deren alltäglichstes Problemlösen ein Herumwerken innerhalb geschlossener, künstlicher, nur scheinrationaler Systeme ist, denen eines vor allem fehlt: das Bewußtsein, daß sie aus sich heraus nicht lebensfähig weil nicht wahr sind. Sie "stimmen nur", sie folgen nur den Ablaufrichtlinien dieser Systeme. Nicht der Wirklichkeit und ihren unübertretbaren Gesetzen.

Diese falschen Gewichtungen aber werden nun wieder korrigiert. Nicht zufällig "von außen". Sieht man die erwähnte (gezielte) Geldentwertung unter diesem Aspekt der Anpassung an die Wirklichkeit, so passiert keineswegs eine "himmelschreiende Ungerechtigkeit". Sondern im Gegenteil, findet unser Kontinent klammheimlich wieder zu jener Gerechtigkeitsbasis zurück, mit neuen Verschiebungen, neuen (aber sehr logischen) Ungerechtigkeiten, keine Frage, auf der sich letztlich alleine Wirklichkeit bewegt. 

Selbst ungerechteste Politik - und das war die Sozialpolitik der letzten Jahrzehnte AN SICH, nicht zufällig gab sie sich so lautstark genau als das Gegenteil aus, weil sie durch Behauptung ihre Glaubwürdigkeit gegen alle menschliche Logik herstellen wollte - wird irgendwann durch diesen Boden des Wesens der Dinge wieder korrigiert. Nichts und niemand kann auf Dauer gegen diese Wirklichkeit handeln. Sie ist es, die die Grenzen menschlicher Willkür aufrechthalten, und irgendwann wieder durchdringen, so dicht können alle künstlichen Webstoffe nicht sein, die wir darüberbreiten.

Die Gelder, über die die Menschen in unserem Land seit Jahrzehnten verfügen, sind zu einem immer größeren Teil künstliche, nie wirklich verdiente Gelder gewesen. Viele der unseligen Mechanismen, die die Finanzkrise prägen und ausgelöst haben, sind der Ursache zu verdanken, daß die Verfügbarkeit von Geld nicht mit der Fähigkeit, damit umzugehen - ein ehernes Gesetz dessen, was man mit "verdient" bezeichnen könnte - Schritt hielt. Die Menschen haben, um es brutal zu formulieren, seit Jahrzehnten zuviel Geld verdient. Mehr, als sie "verdienten". Da wurde verschleiert, das wurde gezielt falsch dargestellt. Aber es ist so.

Und das stellt sich nun heraus. Und das - stellt sich nun richtig. Ob es die EZB weiß oder nicht. Die Zwangslogik, in der sie sich nämlich befindet, ist nichts als jene Logik, die sich aus dieser Wirklichkeits-Wiederfindung ergibt. In der sich falsche Politik am Boden der Wirklichkeit irgendwann immer wieder einfinden muß. Und sei es durch eine Reduktion dieses "Wohlstands", den wir nie hatten, oder gar durch Bankrott. Aus nichts anderem begründet sich, daß vor allem jene Länder am intensivsten betroffen sind, in denen der Interventions- und Sozialstaat am meisten, vor allem am tiefgreifendsten ausgebaut war. Wobei auch diese Tatsache noch vielfach und vor allem durch Internationalisierung der Geschehen verschleiert wird.

Was immer heute anders behauptet wird, ist nichts als der Versuch der Politik, ihre Haut zu retten. Und dazu ist jedes Mittel der Lüge recht. Auch wenn es auf Kosten einer völligen Vernebelung der Wirklichkeit geht, die sich vor allem für die Zukunft eines Landes furchtbar auswirktd - weil es jede schöpferische Zukunft (und Zukunft gibt es nur ALS schöpferisch) unmöglich macht.

Daß der einzelne Bürger das so stillschweigend hinnimmt, hat vielfach nur einen Grund: Tief im Unterbewußten war allen klar, daß unsere Lebensart ... eine Lüge, unser Wohlstand Diebstahl war. Daß wir heute "Diebstahl" etwa in den abstrusesten Kolonial- und Dritte-Welt-Theorien oder Umweltbewegungen, auf jeden Fall durch möglichst weit entfernte abstrakte Theorien thematisieren, könnte damit nur eines zeigen: daß wir einen Weg suchen, um dieses Unrechtsbewußtsein wieder geradezustellen, durch Sühne, durch Buße. Das aber aus ganz anderen Ursachenverhältnissen stammt, als wir zugeben. Vielleicht weil es zu schmerzhaft wäre.





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