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Freitag, 6. September 2013

Sich wechselseitig steigernde Ursachen

Der Artikel im Standard hat zahlreiche Implikationen, die auf den ersten Blick nicht offenbar sein mögen. Aber kratzen wir einmal daran.

Da wird einmal berichtet, daß der Hitzerekord der Wärmeperiode des heurigen Sommers keine so einfach zu erhebende Zahl ist. Denn es ist gar nicht so leicht, eine Meßstation zu finden, die überhaupt relevante Daten liefert. Da ist dort eine Hauswand in der Nähe entstanden, samt einer großen Asphaltfläche. Dort liegt die Meßstation am Rande eines Hanges, sodaß aufsteigende Winde eine Messung recht unzuverlässig machen. Und dort steht sie in der Nähe einer neuen Straße, weshalb die Daten durch die Rückstrahlung unmaßgeblich sind. Einzig die Daten aus Bad Deutsch Altenburg kann man heranziehen, und dort wurden diese ominösen 40,6 Grad am 8. August 2013 gemessen.

Wobei es sich hier um eine Temperaturmessung an diesem Ort zu jenem Zeitpunkt unter diesen und jenen Bedingungen handelt, die die Meteorologen (in dem Fall die World Meteorological Organisation WMO) festgelegt haben. Selbst der Alltagsspruch "Es hat xy Grad" ist keine wissenschaftlich haltbare Aussage. "Es hat" nie.

Das sei jenen gesagt, die da meinen, die Klimaerwärmung sei zweifelsfrei, weil die 0,7 Grad Erwärmung - global! - in den letzten 100 Jahren ja "gemessen" worden sei. Schon eine erste Selektion der für solche Daten herangezogenen Meßstationen weltweit hat ein Drittel aus nicht relevant ausgeschieden. Sie können aufgrund Veränderungen des Umfelds in unmittelbarer Nähe (also: nicht "global") nicht herangezogen werden. Aber das alles - nur so nebenbei. Der "Hitzerekord", und das wissen die zuständigen Herren, ist nach streng wissenschaftlichen Kriterien ein Mumpitz. Aber mit ein wenig Augenzwinkern mag er durchgehen. So um die 40 Grad, sagt der Mann im Interview, hat es sicher gehabt. Das hatte es übrigens auch früher immer wieder. Aber wie gesagt, das nur nebenbei. Nicht wissenschaftlich, aber ein wenig illustrierend.

Und dann sind da noch einige andere Bemerkungen. So die Tatsache, daß diese Temperaturen auch davon beeinflußt werden, wie trocken oder feucht der Boden ist. Derzeit seien die Böden sehr trocken. 

Womit das zu tun hat? Ist sie nun doch da, die Klimaerwärmung weltweit? Es hat mir den angebauten Früchten zu tun, Herr- und Damschaften! Und das sehe man sich nun noch genauer an.

Denn warum ist der Boden derartig trocken? Warum betrifft es vor allem Mais- und Sojafelder? Weil diese Früchte besondere "Bodenzieher" sind. Sie liefern viele hochwertige Proteine und Öle, aber laugen den Boden sehr stark aus. Bei den Nährstoffen, aber auch beim Wasser. Damit trocknen die Böden rascher aus. Damit steigen lokal die Temperaturen.

Überspitzt formuliert: Wir machen uns zuvor die Erwärmung, die wir dann durch Bipsprit bekämpfen, durch den Anbau der Ölfrüchte selber. In bodennahen Luftschichten, und lokal.

Nicht viel anderes läßt sich über die Holzindustrie sagen, einer der originärsten  Wertschöpfungssektoren Österreichs. In enormen Tempo hat man die Wälder auf Fichtenplantagen umgestellt. Für Fichten gilt zum einen, was für Mais oder Soja gilt: Sie sind Wasserzieher. Aber nicht nur das: Durch die gezielte Vermeidung von Unterholz sind das überhaupt keine Wälder mehr, die da alles bestehen, was gerade noch maschinell bearbeitbar ist, und das geht bis ins älteste Gebirge hinein. Sie sind in sich nicht mehr in der Lage, Kleinklimata zu bilden. Sie wirken also doppelt: als Wasserzieher, und als Wärmefaktoren im lokalen Kleinraum. Vielleicht in der Nähe der nächsten Meßstation, die da seit 100 Jahren "im Wald" steht und unerläßlich Daten liefert, daß das Weltklima sich aufheizt und aufheizt?*

Was hat man denn den Bauern 1993 bei der Gehirnwäsche anläßlich der Abstimmung zum EU-Beitritt Österrreichs vor allem eingeredet? Die Chancen, richtig, die Chancen, die sie mit dem neuen Markt nun hätten.  In schillerndsten Farben (der Verfasser dieser Zeilen war damals sogar aus dienstlichen Obliegenheiten verpflichtet, sich solche Reden oft und oft anzuhören) wurde da von einer "Mais-Schweinefurche" geredet, die sich von Ried bis vor die Tore Wiens erstrecken würde. Die Bauern müßten nur MODERNER produzieren, die Höfestruktur "bereinigt" werden, auf eine Größe von 70 statt der damaligen 35 Hektar Durchschnittsfläche. Dann rentiere diese Umstellung. Kredite bei der Raiffeisenbank gibt es beim Ausgang. Ohne jede Übertreibung.**

Warum aber braucht der österreichische Bauer noch Mais und Soja? Richtig. Weil der Großteil dieser Früchte, v. a. bei Soja (der zudem ohne eine bakterielle Sonderbehandlung in Europa gar nicht wächst, das hat mit den Böden zu tun), gar nicht in die Lebens- und Nahrungsmittelindustrie geht. Sondern in die Produktion von Biosprit, dessen Sinnlosigkeit, die seine ethische Bedenklichkeit gleich mit zusammenfaßt, allgemein bekannte Tatsache ist. (Der Rest aus der Pressung geht ans liebe Vieh.)

Und dafür, werte Herrschaften, ziehen nun Politiker aller Couleurs durchs Land, und holen aus ihren weiten Spendierhosen die Scheckbücher, um die unschuldig in Not Geratenen - zumal in Vorwahlzeiten, da ist so ein Hilfsmittel recht nützlich - nicht einfach im Stich zu lassen. Immerhin sind wir ja eine Solidargemeinschaft, nicht wahr?

Wir froh können wir doch sein, daß wir da noch den Klimawandel haben. Gemessen. Also echt - echt! Wie froh können wir sein, daß wir durch ihn durch den Biosprit angemessen bekämpfen, damit sich die Erde nur um 1,7 und nicht um 2,3 Grad erwärmt. Wie froh können wir da sein, daß wir so weitblickende Politiker haben. Wir froh können wir sein.

Wir machen uns unser Leben doch erstaunlich selber.



*Ach ja, dafür verhindert das Unterholz, das es in diesen Plantagen nicht mehr gibt, daß Waldbrände entstehen, hieß es in einer Meldung, die in einem anderen Blatt zu lesen war. Tatsächlich? Es gibt in den USA die wahrscheinlich ausgefaltetsten Untersuchungen von Waldbränden. Gibt es nicht immer wieder kleinere Brände, die man sogar zuläßt, steigt die Wahrscheinlichkeit, daß große und unbeherrschbare Waldbrände ausbrechen. Buchanan hat es in seinem großartigen Buch über Kybernetik "Das Sandkorn, das die Erde zum Beben bringt" überzueugend begründet, und die Realität der Waldbrände in Europa hat es mittlerweile bestätigt. Es gibt sie seltener, ja, aber dafür umso größer und verheerender. Brände in Wäldern mit hohen Bäumen entwickeln weit höhere Temperaturen.

**Das ist natürlich aus einem anderen Grund nicht aufgegangen: Denn schon lange wird der deutsche Schweinemarkt von den noch billiger produzierenden Holländern dominiert. Woraufhin sich die deutschen Schweinemastbetriebe auf den österreichischen Markt stürzten, unter anderem, weil sie billiger als diese sind. Und die österreichischen? Die liefern nach Italien, oder hoffen auf die Wunderwelt der Biowarenwelt, oder sonst - auch egal: es gibt ja Steuergelder.




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