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Dienstag, 19. November 2013

Das Schlechte alles Häßlichen

War es ein Jahrhundertregen? Eine Wetterkapriole, die ja - macht doch die Augen auf, meinte die IPCC-Sprecherin, und tatsächlich, da sehen wir es ja, dort und hier, und an der Elbe - so zunehmen? Eine unvorhersehbare Niederschlagsmenge? Naturgeschehen, das nicht zu erwarten war? Oder gar der Gottseibeiuns der Gegenwart, die Klimaerwärmung, die die Hochwasser im Binnendelta der Elbe neuerlich so katastrophisch machten, daß monatelang die Bahnlinie Hannover-Berlin unterbrochen war?

Nichts von alledem, zeigt ein recht guter Artikel in der FAZ aus der Feder von Hansjörg Küster, Biologe an der Uni Hannover. Alles, wirklich alles war vorhersehbar, aber niemand hat es sehen wollen. Denn gerade mit den zahlreichen Hochwasserschutzmaßnahmen, samt einer Anzahl von einzelnen (so genannten) Naturschutzmaßnahmen, haben etwas versucht, was so gar nicht ging. Nie gegangen wäre. Weil man den natürlichen Gegebenheiten der Elbe, von Wasser in flachen Landschaften, aus denen es nur langsam abfließt, nicht berücksichtigt hat. Weil man Nutzlandschaften - Einzelinteressen - erhalten wollte, weil man trotzdem einen Hochgeschwindigkeits-Bahndamm durch die Landschaft geknallt hat. Weil bedenkenlos in Räumen gesiedelt wurde, die als sogenannte Binnendelta notwendige Retentionsräume wären, in denen man aber nur das Wasser fernzuhalten versuchte - statt mit ihm zu leben. Weil man immer noch versucht, durch Technik Natur zu beherrschen, statt sie zu lesen, die nie zu betrügen ist, Gehorsam erzwingt. Immer. Überall. In allem.

Und so hat man den Wassern der Elbe, Wurthe und Saale, Oder, Leine und Weser, die aus dem Bergen kommen und von viel Land gespeist werden, allen Raum genommen, sie stattdessen zu Katastrophen konzentriert, die irgendwann irgendwo mit Sicherheit, und das an den langen Binnen- und Unterläufen, Dämme aufweichen und durchbrechen, in den Senken gehalten werden, aus denen sie mangels Gefälle nur noch langsam abfließen können. Damit wird der Schaden erst so hoch, wie er es nun schon regelmäßig wird.

Wer meint, die Natur einfach verzwecken zu können, wird immer erkennen müssen, daß der Mensch niemals ausreichend "denkt", solange er sich in technischen Kategorien bewegt. Sodaß umfangreiche Zwecksetzung durch den Menschen immer - immer! - in eine Katastrophe mündet. Denn das Sehen der Welt ist ein Sehen der ästhetischen* Kategorie, niemals ein mathematisches Abwägen, welches das Gesehene nur beschreiben und insofern verstehen machen kann. Nur so bleibt es in seinem gesamthaften Rahmen. Nur als Mysterium und Gestalt begriffen und aufgefaßt ist Natur und Welt "beherrschbar", indem sei zur Heimat und dienenden Freundin wird - weil nur so mit ihr gelebt werden kann.



*Um Mißverständnisse vorzubeugen sei erwähnt, daß hier keineswegs ein "Ästhetizismus" gemeint ist, der je nach Laune und Mode alles mal schön oder häßlich finden kann, Lebensbehübschung in Form eines virtuellen und psychogenen, willentlich gesetzten Lebensgefühls betreibt und Schönheit auf die Ebene zufälligen "Gefallens" - der Sentimentalität also - drückt. Sondern nur im Begreifen, daß gut, schön und wahr untrennbare Seiten an den Dingen sind kann dies so formuliert werden. Nur dann, aber dann sehr wohl, ist auch das "Empfinden" von Schönheit subjektives Erleben, und zugleich wahr und gut. So wie umgekehrt nur die Wahrheit das Gute und das Schöne erschließt. Wer irrt, sieht auch die Schönheit nicht, und begreift nicht das Gute an den Dingen. Hier zeigt sich die Untrennbarkeit von Ethik, Schönheit und Erkennen.





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