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Mittwoch, 13. November 2013

Der König hat nichts mehr zu sagen

Der Zerfall der Königs- und Zentralmacht, der Umbau Europas zu einer Feudalgesellschaft im 7. und 8. Jhd. vollzog sich enorm schnell und unter wechselseitig einwirkenden Bedingungen. Nachdem die Steuerleistungen - der Einfall des Islam im Mittelmeer hat das "Geld" verschwinden lassen weil den Handel mangels Austausch ausgetrocknet, und damit das Steueraufkommen ausgetrocknet - blieb den Königen nichts anderes übrig, als sich die Treue ihrer Edlen und Mächtigen durch Landzuweisungen zu sichern. Das waren schon zuvor die Besitzer großer Ländereien gewesen, denn nur sie waren in der Lage, wenigstens im Kleinen Ordnung aufrechtzuhalten, Recht zu garantieren. Die Könige konnten es nicht mehr, ihnen fehlten selbst die Geldmittel.

Das führte zu einer Kettenreaktion, denn fortan unterstellten sich mehr und mehr kleinere Grundbesitzer und Bauern oder sonstwie freie Menschen (von den zahlreichen Sklaven, Kolonen (Minderberechteten, an die Scholle Gebundenen) und Leibeigenen, die aus den antiken Vorzeiten noch da waren, gar nicht zu reden) gleichfalls einem Großen, einem Granden, einem Grafen. 

Denen binnen eines Jahrhunderts so viel Macht zufloß, daß der Raum königlichen Rechts in Europa schon im 8. Jhd. verschwindend gering wurde. Den Königen gingen regelrecht ihre Untertanen verloren. Je mächtiger diese Grafen und Großen wurden, desto schwieriger war es außerdem, sie an die Königsmacht zu binden. Und eine der "Zahlungen", um Ordnung aufrechtzuhalten, war, sie der Königsmacht gegenüber immun zu stellen. Königliche Beamte hatten auf ihren Ländereien nichts mehr zu sagen, sie waren uneingeschränkt Herren auf ihren Ländern. Und sie nützten diese Freiheit oft sehr zum Leidwesen ihrer Untertanen.* Recht war damit vom Charakter der Rechtssprechenden abhängig.




*Daß die (meisten) Tiroler Bauern "seit Menschengedenken" frei waren und sind - schon anders als fünfzig Kilometer nördlich, im flach werdenden Bayern - führt sich mit Gewißheit auf den Umstand zurück, daß sie sich immer selbst verteidigt hatten, diese Pflicht (die auch ein Recht wurde) nie abgegeben hatten, und bis heute in Resten (siehe: Tiroler Schützen) sogar bewahrt haben. Wozu ihnen sicher die Topographie zuhilfe kam, aber das tut nichts zur Sache. Erst Maria Theresie hat im 18. Jhd. dieses Recht brutal ignoriert und damit formell fast ausgelöscht, in dem noch eine Erinnerung an eine uralte Freiheit lebt, die keine historische Entwicklung endgültig beseitigen konnte.





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