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Dienstag, 7. Januar 2014

Japanische Verhältnisse

Einen interessanten Artikel liefert jüngst die NZZ. Der Schweizer Wirtschaftsberater Fredmund Malik wundert sich darin, woher die Jubelmeldungen kommen, daß die Wirtschaftskrise überwunden sei.  Die momentane Börsenrallye ist in seinen Augen vermutlich ein reines Phänomen der Massenpsychologie, denn die objektiven Wirtschaftsdaten würden sie keinesfalls rechtfertigen.

Vielmehr steuern wir auf japanische Verhältnisse zu - Deflation und schwache Nachfrage einerseits, hohe Verschuldung auf der anderen, mit schwachen realen Unternehmensdaten, in einer Volkswirtschaft, die über fiskalische Maßnahmen nicht mehr zu steuern ist.

In Zeiten einer von Schulden getragenen Geldschwemme ergibt sich ja ein interessanter Widerspruch. Denn einerseits bietet sich viel Geld zu niedrigsten Zinsen an, anderseits ist es die Käuferzurückhaltung die diese niedrigen Zinsen nicht gerade dazu bewegen, Geldprodukte wie Anleihen zu kaufen. Ohne die kann aber die Geldnachfrage aus den hohen Schulden nicht befriedigt werden. Malik sieht uns in einer Situation wie im Jahre 2000, wo die Börsen auf höchstem Niveau einen Stimmungsumschwung erlebte, sodaß binnen weniger Wochen die Kurse um 50 - 75 % zurückgingen.

Derzeit würden enttäuschende Wirtschaftsdaten bejubelt, weil die Anleger gemeinhin davon ausgingen, das Fed sei dann gezwungen, seine extreme Geldpolitik noch lange fortzusetzen, um dadurch die Aktienpreise noch weiter hinaufzutreiben. Die geld- und fiskalpolitischen Strategien der Regierungen und Zentralbanken seien darauf ausgerichtet, das Publikum zur Selbsttäuschung zu bewegen, stellt er nüchtern fest. Tatsächlich kämen diese Massnahmen nur zu einem geringen Teil in der realen Wirtschaft an. Malik bezweifelt, dass die nötigen Voraussetzungen für ein nachhaltiges Wachstum vorhanden seien. [...]

Malik glaubt nicht, dass die europäischen Peripheriestaaten, die USA oder auch Japan einfach aus ihren Struktur- und Schuldenproblemen «herauswachsen» könnten. Damit dies geschieht, müsste es jahrelanges Wachstum mit hohen Raten geben – und dafür sieht er keine Basis. Es werde weitere Abschreibungen von Forderungen geben müssen, weil die Schuldner nicht mehr zahlungsfähig seien, denkt er. (NZZ)

Schulden können nur abgetragen werden durch Inflation einerseits, in der sich also die Proportion von Geldmenge und Realwerten ausgleicht, und Umstrukturierungen (ein schönes Wort für "Ausgabenreduktion") anderseits. In einem deflationären Markt aber sinken auch die Staatseinnahmen. Gleichzeitig stehen die Gelder unter hohem Veranlagungsdruck. Eine Entwicklung paralleler Welten, sozusagen. Das muß fast zwangsläufig zu einem Schuldenschnitt (manche nennen das dann auch: Konkurs) führen, anders sind Schulden in solch einer Situation nicht mehr zu bewältigen. Damit wird aber das vorhandene Bargeld - mehr wert.

Malik meint, daß es deshalb sinnvoll ist, sich mittelfristig schlicht aufs bare Geld zu verlassen. Denn zwar nimmt man bei Deflation weniger ein, aber Geld selbst wird eben wertvoller in solch einem Markt. Sinkende Preise würden die Kaufkraftverluste ja auch derzeit schon wenigstens halbwegs ausgleichen, mit Zinsen, etwa Geldertrag aus Anleihen, sei ohnehin nichts zu holen und das Risiko sehr hoch.



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