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Mittwoch, 22. Januar 2014

Wegmarken (2)

 Teil 2) Zum Strom geworden, an dem die Gegenwart sich wässert





Für Hegel genau nicht: Die Gestalt ist zufällig und unbedeutend, weil der menschliche Geist ohnehin am Allgemeingeist Anteil hat, ja dieser durch ihn sich äußert, Gestalten dafür nur hinderlich sind. Der "alles Erkennende" ist also auch der, der die Gestalt ablegen kann. Er braucht keine "Offenbarung", der Geist ist er selbst, er ist selbst dieser Allgemeingeist, weil alles dieser Geist bzw. aus ihm IST. (Und das ist der Verstand, die Sprache.) 

Die Beziehung der Dinge zueinander ist nicht an der Gestalt entschieden, sondern am neutralen "Dahinter" des Allgemeinen. Damit ist die Menschheit dann an ihrem Ziel (und genau das übernimmt Marx und macht daraus ein politisches Programm**), und sie kann es nur als Ganze weil das Individuum in Wahrheit diesem Ganzen zugehört, wenn sie im Allgemeinen aufgeht, das Individuelle (als quasi Rest des Scheins) erloschen ist, das Allgemeine in ihnen rein zur Sichtbarkeit kommt. Sittlich handelt hier also der, der das Individuelle ins Allgemeine (etwa: Gesellschaft, Staat) auflöst, die weil das Allgemeine darstellend zum höheren und eigentlichen Ich des Einzelnen werden. Je weniger der Einzelne selbst tut (und "denkt", denn nun denkt das Kollektiv, die "Wissenschaft", die Partei als Hort der Wahrheit, wie im Kommunismus vorexerziert) desto förderlicher ist er sich selbst, denn er besteht ja selbst, und besteht NUR aus dem Allgemeinen, es gibt sonst nichts.

Bis hinein in die Entstaltung der Liturgien läßt sich dieser (letztlich) Hegelianismus als Grundzug der Gegenwart erkennen. In der Entstaltung von allem und jedem - in der Psychologie, in der Politik des Zentralismus, in der Pädagogik (des "sich in sich selbst finden"), in der Art zu Wirtschaften (Computertechnik) - wo das Individuelle (das umgedeutet wird: Zum gewissermaßen zwanghaft zu setzenden "Originellen") in die Funktion hinein (und die ist das Allgemeine) aufgelöst wird. Denn das Eigentliche, das dem Menschen Glück und Erfüllung bringen soll, LIEGT BEREITS IN IHM. Er ist sich nur selbst - im Geschichtlichen - ein Hindernis, weshalb die Geschichte als bedeutungslos und zufällig aufzulösen ist, sodaß partikulare Tradition sogar zur Gefahr wird.

Und es ist historisch (wie dann individual-psychologisch) höchst verständlich, daß diese Haltungen und Denkweisen in dem Moment in Vollgestalt auf- und ausbrechen, wo die Eingebettetheit in ein gesellschaftliches Ganzes verlorengeht, die Gesellschaften endgültig (weil schon lange ausgehöhlt) zerfallen - im 19. Jhd. beginnend, im 20. Jhd. endgültig.



**An dieser Stelle wurde bereits versucht, auf die Verschränkung und Vielschichtigkeit der Hegel-Marx-Philosophie hinzuweisen, der Leser möge bitte nachlesen, weil selbst damit natürlich die Komplexität der Konzeption nicht endgültig durchwandert ist. So der Umstand, daß für Hegel wie Marx, bei letzterem aber ohne "Metaphysik", die Marx bei Hegel für entbehrlich hält, der Geist überhaupt im Seienden, also im Faktischen des Historischen, aufgeht, also nie anders als relativ sein kann, was jede Geschichte als Gestalt entwertet und zum bloßen Übergangsstadium mit bestenfalls praktischem Wert - am Weg zur endgültigen Wahrheit - macht.





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