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Freitag, 14. März 2014

Aber der Morgen ist noch weit

Nichts gibt es gratis im Netz, das ist und war immer eine einzige Illusion. Das schreibt der amerikanische Internet-Rookie Jaron Lanier in seinem neuesten Buch "Wem gehört die Zukunft?" Eine Besprechung findet sich in der FAZ. Sie ist selbst bereits ein Statement, das zu lesen lohnt. Und mit brutalen Wahrheiten einschenkt, die nur einen Mangel haben: Man wird sie nach wie vor nicht glauben, nicht wirklich glauben. Weil man nicht will. Und das ist Teil ... der Strategie, in dem das Netz selbst die Bedingungen festlegt, zu denen es beurteilt wird. Durch die Steuerung des Informationsflusses, durch die Auswertung von unglaublichen Informationsmengen, die es gesammelt hat und sammelt. Und das kann es längst. Nichts, was wir vor uns auf dem Bildschirm haben, ist nicht bereits eingebettet in eine Gesamtstrategie, und sei es, daß man reale Kritik auswertet, um noch besser zu werden, um die Realität auszuhebeln. (Es ist ja grotesk, daß sich diese Kritik AUCH im Internet befindet ...)

Unsere Welt ist zu einer einzigen Illusion geworden, in der alles, aber wirklich alles vorgetäuscht ist. Auch und vor allem "Kommunikation". Der Siegeszug des Internet beruht nämlich alleine auf der Vortäuschung falscher Tatsachen. Womit es gelang, den Menschen vorzumachen, sie könnten ihr Leben auf ein kostenloses Internet (mit und als social media) aufbauen. Dabei sitzen sie einem künstlich geschaffenen Mythos auf, der nichts anderes ist als Teil einer Marketingstrategie, ein Geschäftsmodell findiger Köpfe.

Sie gehen schlicht und ergreifend nach einer beinharten Geschäftstaktik vor, selbst wenn ihnen das nicht immer am Anfang bewußt war. Die darauf ausgelegt ist - das aber längst ausdrücklich! ja, es wird sogar an amerikanischen Seminaren gelehrt - Monopolstellung als ultimativen Erfolg zu erlangen. Mit simpler Mäusefangtechnik akkumulieren immer weniger Netzwerke immer mehr interest, indem sie die Menschen verführen, ihr Leben auszulagern. Und beginnen dann, die Umgebung zu erpressen. Und sie haben es damit geschafft, daß Milliarden Menschen kostenlos mitarbeiten an ihrer Strategie. Der größte Clou war ganz sicher, den  Menschen das Netz als Hort der Freiheit zu verkaufen. Die aber bloß virtuell war, nie wirklich, weil es ja gar nicht anders sein kann. Diue Wirklichkeit behielten die Netzwerke im Blick, und sie hatten es nie auf anders abgestellt.

Vorhandene - reale - Konkurrenzstrukturen, reale Lebenststrukturen werden damit brutal umgangen. Wenn heute sogar Kleinunternehmer glauben - und es wird ihnen von allen möglichen Marketing"experten" ("die das ja studiert haben") auch dazu geraten - übers Netz ihren kleinen Handladen stützen zu können, arbeiten sie an ihrer eigenen Auslöschung. Denn das Mehr an Information ermöglicht Konzernen wie amazon, auch gegen kleinste reale Strukturen vorzugehen. Längst gibt es Apps, die bei jedem simplen Kauf ein besseres, billigeres Angebot aus dem Netz als Alternative herbeizitieren. Lieferanten, Kunden - alle sind vom Netz abhängig, niemand meint noch eine Wahl zu haben.

So sogar die Greißler-Mizzi am Eck konkurrieren, die meint, mit einem freundlichen Tratsch ihre Kunden binden zu können, und so nebenbei ein Facebook-Account hat, mit dem sie Aktionen startet, die die Kundenbindung erhöhen sollen. Dabei aber nur kostenlos Informationen liefert, wie sie zukünftig noch besser zu umgehen sein wird. Die technischen Details dazu mögen man dem Verfasser ersparen, sie langweilen, sie sind nämlich bereits alltäglichste Realität. Woran es fehlt ist, ihren Gesamthintergrund, ihren Horizont zu erkennen.

Heute haben so gut wie alle Menschen ihre Informationen im Netz konzentriert. Viele unserer Alltagsverrichtugnen sind bereits aufs Internet abgestellt, wir haben oft gar keine andere Wahl mehr. In einer selbsterfüllenden Prophezeiung wird das täglich noch stärker. Meist existieren gar keine anderen Wege mehr, wir haben sie nicht errichtet, um mit unserer Umwelt übehraupt noch zu kommunizieren - und merken dabei gar nicht, daß das Netz eine völlig andere Botschaft vermittelt, mit dem das was zwischenmenschliche Kommunikation ist und sein muß nur noch am Rande zu tun hat, die sie dafür umso kräftiger verfälscht und umdeutet. Die nur davon lebt, daß wir uns gegenseitig vormachen, daß das auch Kommunikation SEI, der sich doch ALLE bedienen, die alternativlos sei. Und so ... wurde sie "alternativlos". Nicht weil es keine Alternative gegeben hätte, sondern weil wir selbst sie dazu gemacht haben und weiter machen. Ganze Lebensbereiche höchstprivater, persönlicher Natur, haben wir ausgelagert. Und ausgeliefert.

Und es dient oft sogar als einziges Speichermedium, Archiv, das sogar das abgeschnuddelte Photoalbum ersetzt, das wir früher in lauschigen Stunden hervorholten und dem Gegenüber zeigten. Löscht jemand sein Facebook-Konto, löscht er seine Lebensgeschichte. Man BRAUCHT Facebook (etc.) längst, weil sich alles auf diese Scheinwelt eingerichtet hat, es oft gar keine anderen Kanäle mehr gibt, um noch irgendwo - hoffentlich - Realität zu erreichen. Und man reagiert mit Achselzucken, wenn wie in den Vorjahren die Spitze des Eisbergs sichtbar wird: daß alle diese Daten eiskalt ausgewertet werden. 

Wobei Google etwa nie ein Hehl daraus gemacht hat, sie haben es immer offen gesagt und zugegeben: Sie arbeiten an der künstlichen Intelligenz, die den Menschen keinen Spielraum mehr lassen wird. Das Netz ist immer einen Schritt voraus, ist immer "klüger". Und wenn man sich wieder und wieder unberechenbar macht, mit überraxcshenden Schritten - google findet einen Algorhythmus, der auch dieses Verhalten nach mathematisch-wahrscheinlichen Gesetzen vorhersehen und einkalkulieren. Wenn amazon bereits ein Liefernetz aufbaut, das liefert, noch EHE man bestellt hat, müßte man wissen, welche Stunde geschlagen hat.

Aber der Rausch des Kollektivs ist aber noch nicht zu Ende, der Kater noch in weiter Ferne. Niemand hat ernsthaft je darüber nachgedacht, warum es auf einmal alles kostenlos geben sollte. Wo er selbst niemals kostenlos arbeiten würde! Man wollte die Utopie, den Traum, und das Internet hat sie geboten. Das war alles.

Ihr Leben werden die Menschen aber nicht mehr zurückbekommen. Sie werden nun das tun müssen, was sie meinten, sich ersparen zu können: Ein reales Leben aufbauen. Die reale Lebenszeit nachholen, die sie im Rausch der Träume versäumt haben. Auch das ein Zug dieser Zeit der Schulden und Zukunftsverschreibungen: Auf morgen zu schieben, was heute vermieden werden konnte.




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