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Sonntag, 13. Juli 2014

Von Gott als Gegenüber

Es wird gar nicht wenig von Gott geredet, in diesen Zeiten, die auch gerne davon spricht, daß es Spiritualität brauche. Menschen, die oft auch meinen, spirituell zu sein, Umfragen bringen immer wieder erstaunliche Ausagen zutage. Die Frage aber ist, was so viele damit überhaupt meinen.

Denn wenn man in Gesprächen diesem Gottesbegriff auf die Spur geht, stellt man einige Seltsamkeiten fest. Wenn es etwa darum geht, was und wer dieser Gott denn sei. Denn in Etwas kann nur sein, was mir gegenübersteht, dem ich begegne.

Und da kommen dann interessante Dinge ans Tageslicht. Denn mit gut 50 % lauten die Erhebungen bezeichnen Menschen Gott heute als "Energie". Nun wollen wir gar nicht darauf herumreiten, daß es physikalisch keine Energie ohne einen Träger gibt, Energie weist ja nur auf die Wirkung eines irgendwie Tätigen hin. Weit eher geht es darum, daß sich hinter diesem "irgendwas-Begriff", als der er wohl fungiert, nichts als mangelnde Klärung verbirgt. Fehlende gedankliche Klarheit, die wie alle fehlende gedankliche Klarheit gerne auf einer Weigerung beruht, sich diese Klarheit zu beschaffen, und sei es, sich zumindest diese Unklarheit einzugestehen.

Worauf es uns hier aber ankommt ist, daß sich hinter einem solchen Gottesbegriff, wie er sich heute so häufig findet, etwas anderes versteckt. Etwas sehr Verstehbares, etwas Logisches gar. Denn was etwas ist, zeigt sich ja darin, wie man sich ihm gegenüber verhält. Man kennt es ja vom Schauspiel, auch wenn es so oft vergessen wird: "Ich bin der König - Ihr müßt mich spielen." Denn was ein König ist zeigt sich darin, wie sich die Umgebung zu ihm verhält, nicht sein "Selbstsein". Da bliebe er seltsam einfacher Mensch, wiewohl es Menschsein, das ist ja das Spezifische daran, ohne Beziehung und damit Umgebung, "die einen spielt", gar nicht gibt.

Also zeigt sich, was sich hinter diesem irrationalen Gottesbegriff verbirgt, vor allem darin, wie die Menschen mit dem damit Gemeinten umgehen. Wie sie sich diesem "Gott" gegenüber verhalten. Und da stellt man etwas Interessantes fest.

Denn sie behandeln ihn so, wie sie die Welt erfahren haben. Wie sie das erfahren haben, von dem sie existentiell abhängen. Und weil die Menschen heute, von Kindheit an, das Leben und die Welt als "zur Verfügung bereit gestellt" erfahren, sodaß sie sich nur daran bedienen müssen, ja, daß sie nur fordern müssen, schon springt es, so ist ihr bewußtes Gottesbild auch davon geprägt. Der Gott der "Energie" ist einer Steckdose vergleichbar, in der er jederzeit der persönlichen Verfügung dient. Es liegt nur an mir. Er ist "Gestell", im Heideggerschen Sinn, er ist eine disponible Ware.

Wenn aber etwas disponibel ist, so macht es keinen Sinn, von "Gott" zu sprechen. Denn dann unterliegt es nicht einmal der Freiheit, dann unterliegt es meiner eigenen Willkür, dann ist es "unter" mir. Dann gibt es gar keinen Gott mehr, denn dann ist jeder Begriff davon unsinnig.

Es steckt also hinter diesem Begriff - Nihilismus. Bestenfalls die Kuriosita eines esoterischen "huch!-nicht-Sichtbaren", bei dem einen derselbe Schauer über den Rücken läuft, den man empfindet, wenn man sich etwa einen Horrorfilm ansieht. Der genau von derselben psychischen Sensation lebt, die aber nie in die tiefste Existentialität reicht. Denn es bleibt beim im Grunde Handhabbaren, oder in dieser Handhabbarmachung Erlernbaren. Es zeigt sich darin, daß es keinen Kult mehr gibt, sondern "Prozedere", Ablaufrichtlinien, Methoden, an die man sich zu halten hat, um sich seiner zu versichern. 

(In diesem Punkt zeigt sich also, daß die Technik die Lieblingsschwester der Magie ist, die keineswegs am Anfang, sondern am Ende einer Kultur und damit einer Religion steht. Denn Kultur erwächst NUR aus der Religion, aus dem Kult, der die Grundbewegung und -haltung dem Sein gegenüber zur Wurzel alles "profanen" Tuns macht. Aus sonst nichts.)

Dieser Gottesbegriff s. o. ist also ein Ausfluß einer Weltsicht, die sich keinem Gott gegenüber mehr verantwortlich sieht, weil es ihn gar nicht als Bezugspunkt gibt.

Wozu auch, wo er doch meiner Verfügung unterliegt? Die alles, worum es im Leben geht, der eigenen Verfügbarkeit unterstellt. 




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