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Sonntag, 3. August 2014

Irresein und Normalität

Eine weitere Sommerplauderei mit Manfred Lütz, mit einigen wohltuenden, anderen erhellenden Aussagen, und manches macht schon schnunzeln. Auch wenn der VdZ etwas Vorbehalte gegen eine gewisse Grundtendenz in der Betrachtung der Psychologie hat, die er bei Lütz zu sehen meint. Aber Lütz hat eine Heiterkeit, die wohltut.

Eine der bemerkenswertesten Einzelstellungnahmen: die eines depressiven Pfarrers - der auch als Komiker auftritt - aus Köln, die sehr gut begreifen macht, was tatsächlich zur Bühne "treibt", welche Rolle die Bühne im Leben der Darsteller hat. Es zeigt daß das Darstellende der Kunst bzw. des Künstlers im Rahmen seiner Gesamtpersönlichkeit erst begreiflich wird, und daß genau das das ist (oder sein kann), was den substantiellsten Inhalt eines Werks ausmacht - das es nicht infrage stellt, sondern im Gegenteil, erst fundiert und gerechtfertigt macht. Auch in der Überwindung. Aber etwa ein Schauspieler braucht eine gewisse Persönlichkeitsstruktur, die für den "Normale" nicht normal sein kann. Denn der psychisch Kranke, dem man oft besondere Affinität zur Kunst nachsagt, schafft nicht ein Werk WEGEN seiner Krankheit, sondern TROTZDEM. (Darüber wurde a.a.O. in diesem Blog übrigens bereits ausgeführt.)

Besonders gegen Schluß wird das Video berührend. Auch im Begreiflichmachen der Grenze, wo seelische "A-Normalität" zur Krankheit wird, von der der Betroffene selbst befreit werden möchte und soll und die Verantwortung der Umgebung einsetzt. Das funktioniert aber nur, wenn es doch noch einen Begriff von Normalität gibt, der sich auf gesellschaftliche, soziale Gestalt und Freiheit der Lebensgestaltung bezieht. Ohne diese umgekehrt wiederum zur Zwangsjacke werden zu lassen.

"Woran man sich bei einem Menschen erinnert ist das, wo er eben nicht normal war - wo er eigen war. Normalität hat keine Substanz."







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