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Dienstag, 9. Dezember 2014

Merkwürdigkeiten einer Woche (2)

Teil 2) Körperliche Züchtigung als Erziehungsmaßnahme




In eine ähnliche Richtung fällt auch eine Zeitungsdiskussion um einen bemerkenswerten Vorfall: Da hatte ein (gelegenheitlicher) Kolumnenschreiber der Presse es gewagt, der berühmten "gesunden Watsche", der vollzogenen Strafe an sich, ihr Recht, ja ihre Notwendigkeit zuzusprechen. Damit wir uns richtig verstehen: Er hatte nicht gefordert, daß Kinder regelmäßig verprügelt gehörten. Er hatte nur davon gesprochen, daß es ein Elternrecht sei, Kinder auch, wenn sie meinen, es sei angebracht und notwendig, als Erziehungsmittel durchaus einmal härter anzufassen.

Na mehr hat er nicht gebraucht ... ein wahrer Shitstorm, in dem sich die Creme des österreichischen Heiligentums bemüßigt sah, seine eigene Gutheit zu beweisen, brach los, der von Twittermeldungen überaus maßgeblicher Stimmen der Öffentlichkeit bis zu zurechtrückenden Artikeln in der Baseler Zeitung reichte. Und überall überbot man sich nicht nur mit Beweisen einer xden Menschen erst zum Guten formenden Gewaltfreiheit (wie immer natürlich unter häufiger Berufung auf angebliche Wissenschaft, die einem - Gottseidank! nun wissen wir, wofür die Steuermilliarden für Bildung verbraten werden - jedes eigene Denken erspart), und machte en passent den Autor (und alle, die solche Meinungen zu stützen wagten) nieder, daß einem Hören und Sehen verging. Daß solchen Wagemutigen dabei jeder Verstand abgesprochen wird, ist gar nicht mehr erwähnenswert, welches Kompliment natürlich gerne zurückgereicht wird.

Die Presse selbst fühlte sich aufgrund dieser Reaktionen bemüßigt, gleich am nächsten Tag einen Widerruf zu veröffentlichen, demgemäß diese Ansicht NICHT die Linie der Tageszeitung, und schon gar nicht zeitgemäße Pädagogik sei. Der Autor selbst wurde noch zu einer Absage an das Teufelswerk genötigt (vermutlich wird seine nächste Kolumne, sofern es überhaupt dazukommt, von einem Redaktionskommittee eingehend vor Veröffentlichung studiert, ob sie auch die gewünschte Meinung ausdrücke), und wand sich schließlich mit "in der Eile der Verfassung unterlaufener Fehler, niemals hätte er es so verstanden, wie es zu lesen war" unglaubwürdig, aber der offiziell vorgeschriebenen Sprechweise damit Genüge tuend, heraus. 

Daß die Presse sich hiemit offiziell in einer prinzipiellen Bereitschaft zum Verstoß gegen den Ethos des Journalismus geoutet hat, macht ihr sowieso kein Problem mehr. Das vor fünfzig Jahren einmal Rolf Augstein so zusammengefaßt hat: Es sei notwendig und für Journalismus unerläßlich, daß sich ein Blatt "mit "niemandem gemein" mache, auch nicht mit dem Guten, wenn es von etwas berichte. Und nur das habe es zu tun. Aber das gilt in einer Zeit nicht mehr, wo es allen um Humanität und nur um Humanität geht.

Wie diese sogenannte zeitgemäße Pädagogik aber aussieht, illustriert perfekt das Narrenspiel, das sich aus den Leserkommentaren (und einem Schwall an nachfolgenden, natürlich allesamt nur noch "guten" Artikeln in der Presse, in denen die Zeitung erklärt, wie sehr sie Kinder liebe) erschließt. Es lohnt nicht, auf die Kommentare (und Artikel) der Guten und Gerechten einzugehen, deren damit erwiesenes Maß an Dummheit ja kaum noch zu überbieten ist. Sodaß den Beteiligten nicht einmal auffällt, daß sich in dieser von ihnen verlangten Abfolge ganz genau jene Abfolge erkennen läßt, und zwar mit einer sehenswerten Vehemenz, gegen die hier angeblich Stellung bezogen wird: Untat - demütigende Ahndung als Sühne und Strafe - Wiedergutmachung und Reintegration, sofern der Übeltäter dazu demütig bereit ist und darum - rituell, übrigens - bittet. Sie verlangt also mit höchster Brutalität (man lese manche Stellungnahme, die der Forderung nach Todesstrafe nicht fern steht!) genau das, was sie anderswo bestreitet: Das Ritual um Sühne und Vergebung. Es kann also gar nicht ums Ritual, um das Wesen der Strafe gehen. Es kann nur um das Recht von Strafe im Rahmen familiärer Integrität gehen. Und hierin zeigt sich, wie weit der Begriff von Familie bereits zerstört ist, und das ist das einzige wirklich Erschütternde an diesem "Fall".

Strafe - auch in diesem Rahmen - kann man nämlich nur begreifen, wenn man das begreift, was Familie (und Nachwuchs) an sich sind und bedeuten. Denn weil diese Naturwahrheit vergessen, ja dem heutigen Gehirngewaschenen gar nicht mehr begreifbar ist, wird auch Sinn und Wesen von Strafe nicht mehr verstanden. (Leider spricht auch die Kirche nicht mehr davon, sondern flüchtet sich, um ärgere Kalamitäten mit dem Zeitgeist zu vermeiden, in leeres Geschwafel von "Liebe" etc., da kann man nie etwas falsch machen. Wer aber soll - gerade hier! - Natur und damit Schöpfung noch verteidigen, wenn nicht deren Ursprung, Gott, die Religion? Aber zurück, wenden wir uns lohnenderen Ausführungen zu.) Dies wiederum ist eingebettet in ein prinzipielles anthropologisches Mißverständnis über das Wesen des Menschen, in eine ontologisches Unverständnis über das Wesen des Seieneden aber überhaupt. 

Denn dieses Seiende ist in sich eine aktuierende und aktuierte Dynamik aus Idee (als Urbild der Harmonie innerhalb bzw. als Gottes Vernunft), Fleischlichkeit (als Inkarnation in der Schöpfung, in seinem realen Zueinander, in dem es an der Realität Gottes teilnimmt, eben "Welt"), und dem beides verbindenden, ineinander wie auseinander lebendigen Geist (der Liebe, des Lebens, der Wahrheit, der Klugheit, etc. etc.) 

Das gibt (vereinfacht) der Familie ihr Gesicht. Weil nämlich Familie selbst nur dann real sein kann, nur dann Bestand haben kann, wenn sie sich als "Haus" konstituiert. Nur so übergreift sie die Generationen zu einer Menschheit, und nur so erfüllt sie ihren weltlichen Auftrag. Das heißt, daß sich innerhalb eines Hauses alle seine Bewohner auf dieses Haus selbst beziehen, sich in ihrer puren Subjektivität auf dieses Haus hin transzendieren, selbst überschreiten, und SO erst zu jenen schöpferischen Menschen werden, mit weiter gegliederten, hierarchischen, internen Ordnungsverhältnissen, die sie als freie Menschen konstituieren bzw. real machen.

Wird diese Selbstüberschreitung als eigentliches Tor zur (analogen) Fleischwerdung der Gottebenbildlichkeit von Gottes Schöpfung nicht verstanden, wird auch Familie gar nicht Realität, bzw. lebt wo sie "lebt" nur noch von unbewußt, aber wie es aussieht gerne abgestreiften Rudimenten jenes "Hausbegriffs", der auch erst dem einzelnen Familienmitglied (in seiner jeweiligen Position innerhalb einer Ordnung, des Zueinander) Inhalt und Konkretion und damit Verwirklichung gibt. Denn Freiheit ist zuerst einmal ein potentielles Vermögen. Sie wird erst in dieser Bindung an die "Idee Gottes" aber wirklich.

Nur so kann Familie als das wirkliche Fundament eines Staates verstanden werden. Und nur so ist ihre (generationenübergreifende) Dauer sinnhaft und logisch. Ihr, diesem "Bild" von Familie, diesem "Haus", diesem "Namen" muß deshalb das Wollen und Tun jedes einzelnen Gliedes dieser Hausgemeinschaft gewidmet sein. Nur so kann Familie jeden Einzelnen stärken, dessen Leben mit Sinn (und damit mit Konkretion, mit Handlungsauftrag, mit Identität) füllen. Und zwar ganz real. Als Quelle der Kraft anderseits, ja als Vermögen, als Depositum, aus dem jedes dieser Hausmitglieder zu schöpfen vermag. 


Morgen Teil 3) Nur als Haus kann Familie überhaupt sein, regiert in Gerechtigkeit





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