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Freitag, 27. Februar 2015

Geschichte der Geschichte der Inquisition (1)

Nach wie vor sind im britischen Raum historische Einblicke ihrer Objektivität und oft vor allem ihrer globalen Betrachtungsweise von auffallend höherer Qualität als solche aus dem hiesigen Sprachraum. Zumal heute. Dieser BBC-Bericht aus der Reihe "Timewatch" behandelt die spanische Inquisition, die im Volksmythos zum Inbegriff des Bösen in der Kirche, ja DER Kirche geworden ist. Nichts ist aber ferner von der historischen Wahrheit. Und es ist empfehlenswert, diese nüchternere, faktenorientierte Aufarbeitung des Themas zu sehen, das die geläufigen Meinungen zu dem Thema als Unsinn entlarvt. Sodaß selbst die hier angegebenen 3-5000 Opfer in Spanien während ihrer Dauer über 350 Jahre als Schätzung zu hoch gegriffen sein dürfte. Fazit des Films: Nirgendwo in Europa brannten WENIGER Scheiterhaufen mit Ketzern (darunter nur wenige, schließlich ja gar keine Hexen mehr), als in Spanien, und nirgendwo war die Stellung von Abweichlern im Glauben eines Landes rechtlich besser. Und das ist ein Verdienst ... der Inquisition. 

Und dennoch hat sie ein unausrottbares Image als Inbegriff von religiösem Fanatismus und grausamer Bösartigkeit. Während über die weit schlimmeren Zustände im restlichen Europa, das über denselben Zeitraum gerechnet an die 150.000 Glaubensabweicher (und Hexen) verbrannte bzw. exekutierte, niemand mehr spricht. Die historische Wahrheit scheint nach wie vor niemanden zu interessieren, nach wie vor werden Filme etwa produziert, an deren Machern historische Fakten spurlos vorbeigegangen sind, die lediglich den völlig falschen und vielfach instrumentalisierten Mythos davon aber perpetuieren. Wie kam es dazu?

1469 erfolgte erstmals seit der Zeit der Römer die Einigung Spaniens durch Heirat Ferdinands von Aragon mit Isabella von Kastilien. Aber es war damals allen klar, daß es eine politische Union auf Dauer nur geben könne, wenn auch die Religion des Volkes einheitlich war. Deshalb wurde 1480 eine Institution geschaffen, die diese Klärung auf einen Glauben, das Christentum, beobachten sollte - die Inquisitionsbehörde. Ganz Europa gratulierte Spanien zu dieser modernen Einrichtung, denn ganz Europa war derselben Ansicht wie Praxis, aber nirgendwo war das Vorgehen gegen Ketzer so fortschrittlich-human geregelt.

Daß sich auch viele Juden (denen anders die Ausweisung drohte) recht pragmatisch arrangiert hatten, weil sie anders wenig Aussicht auf gesellschaftliche hohe Positionen hatten, wurde mit zunehmendem (und gewiß nicht einfach unberechtigtem) Mißtrauen beobachtet. Mit dem Aufkommen des Protestantismus aber drohte eine dramatische Spaltung, wie sich an Deutschland sehen ließ, die auch dort direkte politische Auswirkungen hatte, welcher Umstand ja der Verbreitung des Protestantismus durch Hilfe der Fürsten nicht unbedingt hinderlich war. Sieht man von den beträchtlichen materiellen Gewinnen ab, die die durch die Ausschaltung der Kirche mögliche Konfiskation von Kirchengütern (die der Kirche aus genau umgekehrten Gründen ja dereinst zugewachsen waren: weil nur durch die Kirche eine Verwaltung, eine Kulturisierung des Landes möglich war, wozu sie auch ihren materiellen Unterhalt leisten können mußte, also teilten die Fürsten und Könige ihr Land und Vermögen zu) den Landesherren einbrachte.

Es war zudem die von allen, vom Volk wie von der Kirche, erwartete Aufgabe als "Verteidiger des Glaubens", die die habsburgischen Kaiser, allen voran Karl V., dazu zwang, Maßnahmen gegen die Zersplitterung der Kirche zu setzen. Aber die Reformatoren waren höchst effizient in ihrer Protestantisierungskampagne - sie nutzen erstmals höchst effektiv das neu aufkommende Medium des Buchdrucks, das nicht mehr in den Griff zu bekommen war. Buchdruck und Protestantismus bedingen einander regelrecht.** Erstmals waren ganz neue, höchst effiziente Methoden der Propaganda zur Beeinflussung von Meinungen im Volk möglich. Im Grunde also: ein heimtückischer Weg einer indirekten, heimlichen Auseinandersetzung über Ideen, der das damaligen Empfinden von Ritterlichkeit, als Ethik der Auseinandersetzhung mit offenem Visier, aushebelte, und sei es mit Verleumdung. So verhielt sich kein Mensch mit Ehre und Ritterlichkeit.

Der Protestantismus, der sich vor allem in deutschen Gefielden rasend schnell ausbreitete, erkannte Spanien und die Habsburger als Bollwerk gegen seine Ausbreitung. Was eignete sich da besser als Spanien, seine Inquisition und den Katholizismus gleich mit zu dämonisieren? Mythen wurden in die Welt gesetzt, die klare Verleumdungen waren.*** Auch über die Inquisition, wie 1567 von unbekannter Hand unter dem Pseudonym Montanus. Auf diese rasch und weltweit verbreitete Schrift geht das heutige Bild der spanischen Inquisition, aber auch das Bild des Spanien seit der beginnenden Neuzeit zurück. Als Hort der Gier, des Neides, der Intoleranz, ja des Terrors und der Grausamkeit.



Morgen Teil 2) Propaganda ändert den Geschichtslauf eines Kontinents + Der BBC-Film




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