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Mittwoch, 6. Mai 2015

Was ist der Koran? (1)

Betrachtet man den Koran also unter dem Gesichtspunkt, daß er zu so hohem Prozentsatz aus dem Aramäischen stammt, so offenbaren sich ganze Suren unter einem ganz neuen Gesichtspunkt - und sie zeigen sich mit verblüffend klarer Logik als ... christliche Hymnen!

Bisher hatte man die vielen unverständlichen Stellen durchweg mit arabischen Dialekten wegerklärt, die man nicht mehr verstünde. Christoph Luxenberg belegt aber akribisch genau, daß der Koran sich ganz neu verstehbar macht, wenn man die Annahme ansetzt, daß man sich in diesen Texten der aramäischen Kultursprache bediente. Diese wurden im Laufe der Jahrhunderte immer weniger verstanden, und diese unverstandenen Stellen wurden "zum Koranarabisch uminterpretiert". Dazu kamen zahllose Interpretationen, die einfach mit der Tatsache zu tun haben, daß die frühe arabische Schriftsprache aus nur sechs eindeutigen Zeichen für Konsonanten bestand, bei zweiundzwanzig weiteren aber aufgrund ihrer Gleichförmigkeit ohne Kenntnis des Umfelds ein Verstehen des Geschriebenen gar nicht möglich machen. Erst nach und nach wurden später als Lesehilfe "diakritische Punkte" beigefügt.

Wann es aber zu einer im Islam verbindlichen Deutung kam, vermag dessen Tradition nicht festzulegen. Man muß einen jahrhundertelangen Prozeß annehmen. Zu dem Nöldeke meint, daß die naiven arabischen Heiden einem derart hohen Anteil an Begriffen und Namen aus anderen Religionen und Kulturen völlig überfordert gegenüberstanden, und sich deren Wesen gewiß nicht vorstellen konnten. Weshalb Fehlinterpretationen - als Deutungen eben ihrem Horizont gemäß - später unausweichlich wurden. Eine wirklich sichere Koranübersetzung bzw. Ausdeutung ist im Islam bis heute nicht möglich. Vieles der scheinbar sinnlosen Stellen aber bekommt plötzlich Sinn, wenn man Einflüsse aus anderen Sprachen, besonders aber dem Syro-Aramäischen mitdenkt.

Plötzlich wird aber - etwa in Sure 97 - bei einer Lesart, die die linguistisch naheliegendsten Schlüsse berücksichtigt, wie sie Luxenberg in seinen verblüffenden Analysen fast zwangsläufig annehmen läßt, eine ursprüngliche christliche Hymne aus diesem Koranvers. Die die christliche Weihnachtsgeschichte zum Inhalt hat. In der "Jesus" (logos! "Das Wort ist Fleisch geworden!") verkündet wird.

Ebenso liegt es sehr nahe, eine weitere der "dunklen" Suren des Koran, die Sure 108, als Fehllesung des aramäischen Urtexts des Petrusbriefes (Kap. 5; Verse 8-9) zu erkennen. auch diese Stellen sind zweifellos "vorkoranisch", als weiteres von so vielen Indizien, die zeigen, daß der Grundstock des Koran (in allen Teilen, so Luxenberg, die man als "vormekkanisch" bezeichnet) ein christlich-liturgisches Buch gewesen ist.

Selbst das Wort "Quran" stammt aus dem aramäischen "Qeryan", was "Lektionar" heißt: jenes Buch, das auch heute noch verwendet wird, und aus dem der liturgischen Gemeinde vorgelesen wird. Und ein solches Lektionar dürfte auch das Ausgangsbuch des späteren Koran gewesen sein. Sodaß, durch zahlreiche Stellen im Koran gestützt, der ganze Koran ursprünglich eine Auswahl und Kurzform aus Thora und Evangelien gewesen sein dürfte, die er (auch das belegen einige Stellen) bestätigen wollte.

Er ist also selbst ein Verweis auf ursprünglichere Schriften, und einige Stellen im Koran scheinen regelrecht davon auszugehen, daß der (längere) Ursprungstext ohnehin bekannt ist (wie bei der "Lot-"Geschichte.) Selbst die Trennzeichen für Verse - vier Punkte in Kreuzform - aus dem syrisch-aramäischen Text finden sich im Koran wieder.

Eine arabische Lesart - der Koran also als Mutter aller arabischen Hochsprache - ist aber keineswegs aufrechtzuhalten. Vielmehr wurden die Urtexte nach und nach überlagert, nicht zuletzt mit den Ansichten einzelner Interpreten angereichert. Das hat zu einem guten Teil sogar sehr handfeste Ursachen, weil im alten Arabischen schon geringe Flüchtigkeitsfehler im Setzen von Deutungszeichen völlig andere Sinneinheiten ergeben. Nur ein vergessener oder falsch gesetzter Punkt, und der Text sagt etwas völlig anderes. (Und wie bereits erwähnt: Teile des Koran sind dennoch völlig unverständlich. Die islamische Tradition sagt dazu, daß es eben die Sprache des Himmels sei, aus dem der Koran ja dem Propheten Mohammed diktiert wurde.)

Eine der legendärsten (aus zahlreichen) Fehldeutungen ist, wo aus saftigen Trauben, die im Paradiese gereicht werden (ein Bezug auf einen Text von Efraim dem Syrer), die vielzitierten "Jungfrauen", und aus "Früchten, als wären sie in Muscheln eingeschlossene Perlen", wurden die bekannten "ewig jungen Knaben".

Teilweise lassen sich sogar Stellen im Koran ausmachen, die nachweislich die neutestamentliche Briefliteratur zitieren. Was alles - ein sehr heikler Punkt für den Islam - vormohammedanischen Koranursprung belegt.

Diesem Grundtext gesellten sich nach und nach Texte arabischer, beduinischer religiöser Traditionen bei. Die ursprüngliche theologische Aussage aber wurde durch spätere Bearbeitungen bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Schon deshalb, weil die aramäischen Urtexte nicht mehr gelesen werden konnten. Die Exegeten und Koranschulen wurden damit zu Schöpfern des Koranarabisch bzw. einer arabischen Schrift. Und auf diese Weise entstand tatsächlich - eine neue Religion, die die alten Texte aber gar nicht hergaben.

Nun sagt man im Islam, daß im 7. Jahrhundert von Kalif Othman eine definitive Koranfassung zusammengestellt wurde, die fortan als verbindlich galt. Nur: diese Fassung existiert nicht. Vielmehr dominierte über Jahrhunderte die türkisch-osmanische Auffassung, wie er zu lesen sei. Diese von der traditionellen Lesart stark abweichende Interpretation aber stieß vor allem im ägyptischen Raum auf heftigen Widerstand, sodaß man in Kairo an der Herstellung einer eigenen Fassung arbeitete, wie sie dann 1924 von der Al-Azhar-Universität herausgegeben wurde. Aber ohne linguistisch auf alte Fragmente einzugehen. Man nahm also eine quasi zeitgemäße Koranversion (die von 1888) und unterzog sie einer Überarbeitung nach orthographischen Regeln, die aus dem 10. und 11. Jahrhundert stammten, wo sie zur Interpretation erstellt worden waren. 

Einen "Othmanischer Koran" aber, auf den sich der heutige Koran ja bezieht, gibt es nicht, und deshalb ist der Anspruch auf Überlieferung der originalen Prophetenworte schlichte Behauptung. Nicht einmal die Existenz eines Kalifen Othman ist historisch (also außerhalb der religiösen Tradition) nachweisbar, wie von allen vier ersten Kalifen. Dafür stammen die frühesten Koranfragmente, die sich oft heftig widersprechen und von der Kairoer Version von 1924 erheblich abweichen, aus dem 8. Jahrhundert.




Morgen Teil 2) Konzert der Unernsthaftigkeiten




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