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Dienstag, 1. September 2015

Verstoß ins Chaos (2)

Teil 2) Indoktriniert nicht auch die Mutter?




Indem man aber den jungen Menschen aber die (Mutter-)Sprache als kulturtragendes Instrument der Weltgestaltung vorenthält, beraubt man sie des wesentlichsten Instruments der Vernunft. Damit macht man sie keineswegs selbständiger, sondern entzieht die Sprache sogar ihrem empirischen Welterleben, schafft eine Kluft zwischen Denken (Sprechen) und Welterfahrung. Die Sprache wird fremdes weil willkürliches Gut. Um Welt sohin zu deuten, sind solche Menschen auf ideologische, per Autorität (man beachte: die Rolle der Moral! das Prädikat "Guter Mensch" ist es nämlich, der die Menschen in diesen Ideologien und vor allem in den Händen dieser IdeologEN gefangenhält) verankerte Konstrukte erst recht angewiesen. Der Mensch bewegt sich wie in einer künstlichen Matrix, die über der eigentlichen Welt schwebt wie Captain Spock in der Enterprise. Der Mensch wird zweitwirklich, pseudologisch, sein Leben virtuell.

Originäres, blutvolles Leben ist deshalb nur in einer Kultur möglich, in der die Sprache präzise und originäre Muttersprache ist. Man muß gar nicht zu metaphysischen Argumenten greifen, will man die Ursprünge der Sprache als Ganzes verfolgen. Es gibt ausreichend ethnologische Befunde die belegen, daß die Sprache gerade "primitiver Völker" (mit dem wichtigen Hinweis, daß viele dieser "primitiven Völker" nicht in einem Urzustand leben, sondern Degenerationserscheinungen einstiger hoher Kulturen sind; das betrifft viele kleine Völker und Stämme gerade in Südamerika und Afrika) von höchst komplexer, präziser Grammatik und Wortkonstruktion ist. Nicht der Mensch hat die Sprache langsam erfunden, sondern die sprache war konstitutiv für den Menschen. (Auch hier hat der darwinistische, a-empirische Unsinn also fatale Folgen gezeitigt; nicht zuletzt stützt sich ja sogar das Gendering auf die daraus folgende Ontologie.)

Diese Indoktrinierung sei aber doch auch der Fall, wenn Kinder ihre Sprache in der Familie erhalten, könnte als Einwand kommen? Nein. Nicht alles, was weitergegeben wird, ist naturfremde Manipulation, im Gegenteil. Noch dazu, wo der Mensch alles, was ihn ausmacht, ja gerade das was ihn eigentlich ausmacht, ERHALTEN MUSZ. Nicht mitbringt, wie heute gleichfalls so falsch gemeint wird. Kultur ist also für einen Menschen essentiell, seine Natur, sie ist kein verzichtbares oder beliebig manipulierbares Afterprodukt. Deshalb ist die Intention entscheidend, nicht der Umstand des Weitergebens. Irrtum entsteht aus falscher Intention, während Wahrhaftigkeit die Liebe voraussetzt wie fördert. Jede Ideologie ist kein zufälliger Fehlgriff rechten Wollens, sondern sie ist in sich böses, liebloses Wollen, weshalb auch nominell "richtiges" Sagen (Äquivokation) böse sein kann. Wir haben an dieser Stelle bereits eingehend über diese Schizoidität gehandelt, die häufigste und gefährlichste Form des Mißbrauchs von Sprache.

Das erlebte und damit als Weltwirklichkeit erfahrene Gefüge der Familie, die prinzipiell ein Modell der ganzen Welt ist, ist vor allem geprägt von einem untrennbaren Ineinander von Sprache, eigener Wirklichkeit und Welt. Geprägt vom Geheimnis der Liebe also, in dem die Sprache allmählich wie die Spitze eines Eisberges menschlicher Lebensgrundlage und sinnlicher Eindrücke samt deren ganzheitlicher Reaktion des Individuums auftaucht, und mit dem Darunter in untrennbarer Einheit steht. Woraus die Bedeutung von leiblichem wie gestalthaftem Erbe (als Art- wie Individualerbe) als Grundlage des individuellen Menschseins hervorgeht. 

So wird auch begreiflich, warum Orthographie und Grammatik keineswegs sinnlose Konstrukte ästhetisierender Schöngeister sind, sondern Ausdruck des Geistes eines Volkes und der Menschen darin, ja überhaupt des Menschseins in seiner Stellung zur Welt. Wer Grammatik und Rechtschreibung willkürlich verändert, verändert die Gestalt des Denkens, das sich dem je eigenen Daseinsgefühl entfremdet, damit eine innere Zerspaltung schafft: Die Sprache, das Denken erfaßt den konkreten Menschen nicht mehr, weil es ihm das Allgemeine entfremdet - und Individuum heißt immer und zuerst: Durchdringung eines je Allgemeinen durch das Ich. Dadurch wird es individuell. 

Das Sprechen (und Denken) des Einzelnen ist deshalb ein Modus des Allgemeinen einer Sprache selbst. Denn auch das Erkennen ist ein Erkennen des Allgemeinen. Das Indviduelle bleibt ein bloßes, immer geheimnisvolles "So-Sein", einer Geschmacksnote vergleichbar, die ein allgemeines Ding durchwirkt. Auch die Selbsterkenntnis ist zuerst eine Erkentnis des in einem wirkenden Allgemeinen, während das Individuelle einem dann in der Begegnung mit dem Du, dem anderen, konkret zuwächst.

Auch hier geht die Schule heute also völlig verkehrte Wege, und überschreitet maßlos ihre Kompetenz. Denn sie hat genau diese Aufgabe nicht, die sie sich heute in völliger Selbstüberschätzung stellt: Individualität zu bestimmen und zu fördern. In dem Moment, wo sie das als Aufgabe sieht, raubt sie sogar den Menschen ihre Lebensbasis, und schleudert sie in die Haltlosigkeit und Unbestimmbarkeit, ja in die Irrationalität, und zerstört die Fähigkeit zur Gemeinschaft.

Stattdessen muß die Schule die allgemeine Sprache eines Volkes, einer Kultur in Verbindlichkeit vermitteln. Nicht mehr und nicht weniger. Darin sind schon alleine sämtliche weiteren "Gegenstände" enthalten. Das Individuelle kann keine Schule der Welt "lehren", niemals direkt "bewirken", dort hat es nur Platz als unbedingte Reserve des letzthinnigen, ja heiligen Respekts. Dort endet Schule, die bestenfalls noch sich in der Pubertät allmählich zeigende Neigungs- und Identitätsfelder durch entsprechende Schultypen (auch hier: die Bedeutung von Schulidentitäten als lediglich etwas spezifischer Allgemeines, etwa im Stand!) besser unterfüttern kann. (Wozu selbstverständlich auch die Praxis der Religion gehört, denn der Mensch ist seinem Wesen nach religiös, und zwar: zuerst religiös. Was heute als "Bekenntnis" angesprochen wird, ist lediglich die letzte Stufe in der Heranbildung eines in der Vernunft verankerungsfähigken "Ich" als letzter Stufe der Menschwerdung auch im Geist, aus dem kindlich-traumhaften, erst nur unmittelbaren, symbolischen Welterfassen heraus, das dann im Sprechen und Denken seine Krone erhält, aber nicht schon die ganze Religion. Solche nicht habituell unterfütterte Religiosität wird stattdessen blitzschnell zur Ideologie.)

Aber nur wer die Sprache seines Volkes kennt, beherrscht, kennt die Gesetze des Daseins, auf denen seine eigene Existenz beruht, kennt die Kultur, in der er selbst atmet. Und nur der vermag auch dann dieses Denken durch sein Ich sukzessive zu individualisieren, zu präzisieren, weil jeder in einer ganz spezifischen Situation und Identität steht, die je älter er wird umso bedeutender wird. Damit kann er einmal besessene Sprache, die in der Wahrheit verankert ist, an der alle gleichermaßen teilhaben, immer besser dem Wirklichen einschmiegen, und damit auch sich selbst immer besser verstehen, besitzen, und handeln.

Liebe ist aber gerade das Bejahen des anderen IN DISTANZ, und damit in seinem Sosein. Die Mutter gibt also die Sprache nicht weiter, um zu manipulieren, sondern als natürliches Instrument, mit dem das Kind allmählich in die Welt des Vaters, des Staates, der Öffentlichkeit, seiner Individualität im erlernten und damit in der Anwendung beherrschten Selbstbesitz hineinwächst - und so als Individuum besteht. Man nannte das einmal "Erziehung", die zuerst ein Hineinführen in das Allgemeine bedeutet. 

Es ist deshalb kein Zufall, daß die Ideologien stets vor allem und zuerst nach den Frauen und Müttern, weil damit schon an der Wurzel nach der Erziehung gegriffen haben. In ihrer Herauslösung aus ihrem Selbstsein - denn das (auch bzw. prinzipiell ntologisch-hierarchische) Gefüge Mann und Frau ist ein Gefüge des wechselseitigen Selbstwerdens, also Individualisierens ALS Mann und ALS Frau - hat man Zugriff auf das Denken der Kinder erhalten, und das heißt zuallererst: auf ihre Sprache. Der man damit nämlich ihre Verankerung in der Autorität der Welt genommen hat.

Was alleine der Umstand illustriert, daß es in Österreich ein weiblicher Bildungsminister (Gehrer; Anm.) war, der (noch vor Deutschland!) diensteifrig (und völlig ahnungslos) sogar schon die erste Stufe der Rechtschreibreform in den Schulen implementiert hat. Noch dazu: ein Minister der per Gründungsimpuls "christlich-sozialen" Partei ÖVP, die geistig substanzlos geworden schon seit Jahrzehnten den Büttel linker Gesellschaftspolitik spielt. Daß die Kirche dazu geschwiegen hat, muß gar nicht mehr extra erwähnt werden. Sie hat schon lange Wichtigeres zu tun als sich mit der Basis des Erkennens zu befassen.

Nun noch ein paar Sätze aus besagtem Artikel.

Ausgerechnet die Kultusminister haben Schülern gegenüber mit langfristigem Erfolg den Eindruck vermittelt, Orthographie sei weniger wichtig, Zeichensetzung weitgehend dem eigenen Stilempfinden überlassen. Inzwischen werden sie die Geister, die sie riefen, nicht mehr los und müssen feststellen, dass Kinder am Ende der Grundschulzeit nicht einmal die kulturellen Standardtechniken beherrschen.

Die Rechtschreibreform hat ausgerechnet in einer Zeit, in der Gleichmacherei ohnehin auf allen Ebenen eingesetzt hat, zu einer sinnentstellenden Entdifferenzierung der Sprache geführt. Das gilt in besonderem Maße für die Getrennt- und Zusammenschreibung. Viele der feinen Unterschiede sind geradezu sprachlich und gedanklich planiert worden.

Und, so nebenbei, auch hier ist das Ergebnis der Maßnahme das Gegenteil des vorgeblich Intendierten, ein heute längst allgemein gewordenes Gesetz politischen Handelns, was außerdem bestätigt was gesagt wird: daß Sprache an Wahrheit rückgebunden sein muß, daß jede Ideologie zu allererst also eine Vergewaltigung der Sprache ist und nur "Scheinlogik" produziert, die nicht der ontologischen Wirklichkeit der Welt entspricht.

Den heutigen Zustand wird man ohne Übertreibung als sichtbares Schreibchaos charakterisieren können. Das offenbart spätestens der Blick in Internetforen. Wer nicht zum Umlernen gezwungen war, hat zumindest in seinem privaten Schriftverkehr die bewährte Rechtschreibung beibehalten. In den Schulen werden die neuen Regeln gebimst, aber es dürfte kaum einen erfahrenen Lehrer geben, der behaupten würde, sie hätten das Schreibenlernen vereinfacht. Und seit wann ist es Aufgabe der Kultusbürokratie und der Schule, den Kindern vorzugaukeln, dass Lernen einfach und ohne Anstrengung zu bewältigen sei. Es handelt sich dabei wohl eher um einen pseudopädagogisch verbrämten Betrug und um Sprachideologie. Denn ursprünglich stand hinter der Reform eine kleine Gruppe von Linguisten aus Ost und West um den Siegener Germanisten Gerhard Augst, die selbst die damals geltende Rechtschreibung, die regelmäßig durch neue Dudenauflagen verwässert wurde, als „elaborierten Code“ zur Unterdrückung breiter Volksschichten sahen und die Sprachgemeinschaft aus dem Joch der Regeln befreien wollen. Aber das Gegenteil ist eingetreten. Das sprachliche Unvermögen vieler Bildungsferner hat die Rechtschreibreform nicht etwa bemäntelt, sondern noch greller vor Augen geführt.






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