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Dienstag, 13. Oktober 2015

Am Beispiel Waldsterben

Dieses Interview (15min) mit einer Medienwissenschaftlerin ist recht interessant zu hören. Birgit Metzler analysiert darin die öffentliche Hysterie der späten 1970er, frühen 1980er Jahre, in denen es um das "Waldsterben" ging. Gleich vorweg die interessanteste Aussage, sie kommt gegen Schluß des Videos: Der Wald wächst, und zwar so gut und viel wie kaum zuvor. Und das Waldsterben gilt als "besiegt". Aber die Waldschadenstatistik erzählt etwas ganz anderes: Die Waldschäden sind um nichts (!) zurückgegangen. Nur steht man beim Wald selbst vor einem Rätsel. Denn offenbar wächst er auch dort gut, wo nach bisherigen, auch die Debatte um das "Waldsterben" kennzeichnenden wissenschaftlichen Erkenntnissen die Böden als sauer oder unbrauchbar für Wald galten. Trotzdem wächst er dort gut. Man weiß aber nicht warum.

Zusammengefaßt: Es war eine vor allem im deutschen Sprachraum hochgradig auf ein Schicksalsthema zugespitzte Debatte, die aber mittlerweile einschlief. Aber diese Befeuerung, so Metzler, bezog die von allen Seiten geschürte Angst um den Wald als typische Ersatzhandlung. Denn während fast sämtliche Identifikationsmerkmals "des Deutschseins" durch die jüngere Vergangenheit tabuisiert sind, bot der Wald eine ideologisch neutrale Identifikationsebene, in der das in der Romantik zum nationalen Mythos überhöhte Verhältnis des Deutschen zu seinem Wald einen große Rolle spielte. Dies gerade in einer Phase, in der die junge Generation, die erste wirkliche Nachkriegsgeneration, eine Identität inmitten der politischen Spannungsfelder suchte, in der es um Positionierung angesichts Nachrüstungsbeschlüssen etc. ging. Westdeutschland als Umweltnation - das wurde zu so einem harmlosen, "guten" Identitätsmerkmal der Jungen, in dem sich Deutschland endlich wieder in der Rolle des "Vorbilds" sehen konnte. 

Und das, bitteschön, ist tatsächlich jenes Deutschsein, das im 19. Jhd. aufbrach, als sich Deutschland erstmals als Nation zu definieren begann. Die Schemata beim Waldsterben gleichen verblüffend den heutigen angesichts des "Klimawandels". Der Gedanke festigte sich damals erstmals, Maßnahmen zu setzen, OBWOHL sie die wissenschaftliche Diskussion keineswegs deckt. Und das ist heute nicht anders. Nichts hat sich in Wahrheit beim "Waldsterben" geändert, aber dennoch ist das Thema in der öffentlichen Debatte vom Tisch. Und der Wald ... der steht immer noch. Mehr als zuvor. Mit ihm aber auch die politischen Grünbewegungen, die aus derselben Motivkonstellation nach oben gespült wurde.

Aber immerhin, könnte man nun sagen, hat es ja etwas Positives bewirkt: Die Luft wurde reiner? Der VdZ behauptet: Mitnichten und Neffen. Denn verändert hat sich überhaupt nichts, weder an unserer Lebensweise, im Gegenteil, noch an den Produkten und deren Herstellung. Es wurden lediglich einige sichtbare (!) Merkmale beseitigt, die Konsequenzen auf (vorerst noch) unsichtbare Prozesse verdrängt. Weil solches Verdrängen aber doch nicht so gut funktioniert, wird heute in derselben Motivkonstellation ein "unsichtbares Gift" - das Spurengas CO2, Lebensgrundlage des gesamten Planeten! - verfolgt.

Auch das eine reine Ersatzhandlung, in der durch eine Scheinhandlung im Außen, in der geistige Konstellationen simuliert werden, Gewissensberuhigungen eintreten, in Wahrheit innere, ontologische Probleme verdrängt werden sollen.

Selbst der "Schmerz", die Anstrengung, den der Kampf gegen diese Acedia kostet - dem auszuweichen gilt es ja, denn wirkliche "Gutheit" ist mit wirklicher Mühe verbunden; agere sequitur esse; es geht um eine Veränderung des Seins  - wird durch das Außen in Kosten, Steuern und Verhaltensdressuren simuliert. Eine neue Art von Liturgie also, die besser machen soll. Daß die Windräder* so deutlich sichtbar in unsere Umwelt eingreifen, ist deshalb nur folgerichtig. In ihr stellt sich diese Generation vor Augen, daß sie gut ist. Alles andere versinkt in die Nicht-Wahrnehmung.

Aber natürlich ist das alles ein sinnloses Unterfangen. Am Ende einer solchen Entwicklung aber steht ohne jeden Zweifel brutaler Totalitarismus, der alle "Verhinderer" dieser Gewissensentlastung notwendig verfolgt.

Es wird wohl nie passieren, oder in Jahrzehnten, bestenfalls, daß jemand untersucht, welche Schäden durch diese Hysterie selbst erst ausgelöst worden sind. Durch falsche ökonomische Maßnahmen, durch forsttechnisch überzogene oder überhaupt falsche Handlungen (wie das "Ausschneiden kranker Bäume", das den Restbestand exponierte.) Aber auch die Luftreinhaltetechniken hält der VdZ für Kandidaten, mehr - nunmehr aber unsichtbaren - Schaden angerichtet als behoben zu haben.






Dazu paßt auch ein (sachlich leider sehr dünnsuppiger) Bericht aus dem österreichischen Fernsehen (9min). "Die Prophetien waren falsch, aber politisch wirksam."






*Und Solaranlagen, auch diese ja ein Ausbund an Häßlichkeit, "Nicht-Land", Müllhalde, "Graben", Areale des Irrationalen, Ungeordneten damit schaffend. Kein Wunder, daß sich eine Kultur, die im geistigen Chaos versinkt, solche Federn an den Hut steckt.




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