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Montag, 23. November 2015

Wen zuerst töten?

Bei der überwältigenden Anzahl von technischen Lösungen ist uns nicht mehr bewußt, daß sie alle - alle! - in religiösen Fragestellungen wurzeln. Manchmal kommt es ans Tageslicht, so wie bei dem, was viele als die Zukunft des Individualverkehrs sehen, dem sich selbst steuernden Automobil. Selbst das Bedoienen des einfachsten Hebels gründet ein einer oft einfach nur verselbständigten, so gut wie immer sehr komplexen Haltungen entspringenden persönlichen, ethischen Entscheidungen.

Der Artikel in der Kronen Zeitung beleuchtet es gut an einem ganz konkreten Beispiel, das Einblick in die Fragen der Programmierung solcher Systeme bietet: Wie soll sich eine automatische Steuerung verhalten, wenn sie vor die Wahl gestellt wird, in einer kritischen Situation zu reagieren. Etwa den Fahrer sterben zu lassen, um andere zu retten, und wenn nicht, welchem möglichen Opfer eines Maneuvers Priorität - also Lebensrecht - vor anderen einräumen? Dem Kind am Straßenrand, das vors Auto käme, wenn man einer Gruppe von zehn Personen ausweicht? Etc. etc. Was bedeutet in diesem Rahmen in situtativ oft hoch komplexer Entscheidungen "Sicherheit", die als Hauptargument für die Einführung solcher Systeme gilt?

Es hänge alles, so ein Techniker in der Zeitung, von allgemeinen Haltungen und Einstellungen ab. Jeder Algorithmus, den ein Programm anwende, sei ein komplexes Gebilde aus ethischen Entscheidungen. Eine Ethik ohne Religion gibt es aber nicht. 

Denn die Grundfrage jeder Ethik ist: Was ist der Mensch? Und das ist die Kernfrage der Religiosität. Umso mehr gilt also das, was die einzige Gewißheit des Menschen überhaupt ist, die aber in logische Einzelschritte nicht auflösbar, die eine Entscheidung des Ganzen ist und deshalb von keinem Computer jemals simuliert werden kann, denn er kann nur mit gewissen (mehr oder weniger subtil) abgeleiteten Standard-Mustern gefüttert werden: 

Welche Gestalt wähle ich als jene - dynamistische, nie zum vergegenständlichten und damit gegen das Leben gerichtete Bild erstarren dürfende, und doch nicht relativistisch-beliebige ...! - Matrix, welche bilde ich längst nach, aus bisherigen Prägungen und Willens- wie Sollensspannungen, aus der heraus ich entscheide, weil sie das Bild (was man erkennt, ist IM Bild, aber nicht DAS Bild!) davon ist, auf das ich mich hinspanne?

Der Kampf um das Menschenbild hat gerade erst begonnen. Der Moment, wo allen deutlich wird, wie entscheidend die Frage, ob der Mensch materialistisches Produkt einer zufälligen und völlig relativen Evolution wurde, oder geschaffenes Ebenbild Gottes, hinter der eine ganze Metaphysik steht, zuvor aber noch: ein Glaubenssystem (denn Wissen gibt es nur aus dem Glauben!), rückt in dem Maß näher, als das Maß der Totalitarität steigt, in der wir uns mit Hervorbringungen unseres Tuns (wozu auch das Denken gehört) umgeben.




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