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Dienstag, 9. Februar 2016

Einladung zum Fasching

Wie sehr selbst "nach Sylvester-Köln" wesentliche Elemente der Fragestellung ausgeblendet werden zeigt sich ... an der Empörung über die Aussagen eines islamischen Imam. Dieser hatte im russischen TV (angeblich; nun wird über die richtige Übersetzung gestritten) die Meinung geäußert, daß Frauen, die wie in Köln leicht bekleidet und parfümiert aufträten, "Öl ins Feuer" gössen. 

Nun ist das Interessante an dieser Aussage, daß auch sie einen Funken Wahrheit enthält. Zwar ist das Verhalten der männlichen Migranten zwar nicht zu rechtfertigen, aber über den 'Geschehnissen hängt denn doch auch ein eigentümliches Schild: Daß nämlich die Kultur des Gastlandes eine ausgeprägte (Nicht-)Kultur des Nicht-Rezipierens der Wirklichkeit ist. Daß es zu den Vorstellungen vieler Hiesiger gehört, die Dinge nicht mehr als das zu sehen, was sie sind, sondern in einen künstlichen, pseudologischen Rahmen zu stellen. Die Sprache also nicht am Gewußten zu formen, sondern am Gesollten. 

Denn auch die Entwicklung der Mode (um es vorsichtig auszudrücken) ist keineswegs zufällige Entfaltung einer Kulturfreude. Sondern sie zeigt sehr wohl auch ein Absolutes, ein ontisches Zueinander der Dinge an. Feminismus, der uns alle flächendeckend und mittlerweile psychotisch umhüllt, bedeutet nämlich genau das: Die Enteigentlichung des sinnlich Erfaßten, die Entkräftung des Gewußten, zugunsten eines nach Gesolltem Gedeuteten.

Und wir gehen folgsam, ja gar nicht ungern in diese nächste Falle, die kurz, bevor der Mensch seinen Fuß auf den Boden bekommt, mit dem nächsten Wägelchen daherkommt, auf die sein Schritt gesetzt werden soll, um ihn doch noch in eine nächste gesollte Richtung zu transportieren.

Gewiß, und noch einmal gesagt: das rechtfertigt nicht diese Verhaltensweisen. Und es übersieht, daß die Mode immer auch einen gewissen "Spielfaktor" enthält, als Moment des nicht ganz so Gemeinten, Stilisierten. Insofern immer auch ein wenig Provokation enthält, als Spiel mit dem Gezeigten, schon gar bei jungen Menschen, und noch mehr bei jungen Frauen. Die den wahren Ernst erwachsener Gestaltelemente noch nicht erfassen, aber doch testen wollen, wieweit sie bereits dieser Welt der Ernsthaftigkeiten zugehören.* Wie in jedem Spiel, wird auch von jungen Menschen oft und gerne Welt vorwegnehmend gespielt. Kinder spielen Vater-Mutter-Kind, Backfische famme fatale, etc. 

Das ist selbst für Erwachsene zuzeiten notwendig, und der Karneval ist ein einziges Spiel genau mit einer offiziell für ein paar Tage ent-ernsthafteten Welt. Weshalb er bzw. der Fasching eine so wichtige psychohygienische Rolle spielt. Als kollektives - legitimes und legitimiertes - Auflösen aller fleischlichen Form und Identität, dem nicht zufällig das Neukonstituieren der Form aus dem christlichen Erlösungsgeschehen folgt. Als Geschehen der Bereitschaft, sich neu und um einen nächsten Schritt richtiger, wahrhaftiger formen zu lassen. 

Das kennt der Islam nicht. Er kennt aber solche Auszeiten aus Rebellionsgeschehen. Vom Tahrir-Platz in Kairo 2011 sind ähnliche Geschehnisse ja bekannt. Sie waren ein Fasching. Und so wie sich in der Fassenacht rheinische Männer vorsehen sollten, weil die Frauen für eine Nacht jedes normale Gesetz außer Kraft setzen, so wie es immer Zeiten und Kulte gab, wo Frauen Jagd auf Männer machten (man denke an die antiken Griechen!), so entladen sich solche Umkehrungen der Formentledigung bei Muslimen, haben dort aber keine dezidierte Kulturform. Damit bleibt es latent. Sehr latent sogar, weil das Netz dieser Religion lückenlos-monoton streng ist.

Die Migrationswelle, die uns seit vorigem Jahr ungebremst überrollt, ist - und es verwundert, daß es niemand sehen will! - hat grundsätzlich etwas von Fasching.  Sie hat etwas von Unernsthaftigkeit. Der VdZ behauptet sogar, daß der überwiegende Teil der Millionen Zuwanderer gezielt den Fasching sucht, den dieses Abenteuer für ihn bedeutet. Denn die Ernsthaftigkeit, die diesen Invasionswellen unterschoben wird, existiert nicht. Oder bestenfalls für einige wenige. Die meisten müssen wissen, und wissen auch garantiert, daß sie hier keine Chance haben. Aber sie setzen bewußt ihre in ihrer Heimat geltenden Lebensgesetze der Ernsthaftigkeit außer Kraft, fliehen in den Fasching, und werden noch dazu eingeladen. Denn auch hier gilt Fasching, sogar übers ganze Jahr: Auch hier nimmt kein Staat seine eigenen Gesetze und Notwendigkeiten ernst, ja sogar die Regierungen lachen über Grenzen und internationale Verpflichtungen und stellen alles auf den Kopf.

Was ganz sicher oder zumindest ergänzend erklärt, warum manche Berichte Betroffener davon erzählen, daß die (wohl ausschließlich islamischen Kulturkreisen entstammenden) Migranten überrascht (!) über die Gegenwehr der Frauen und Mädchen waren. Weil dieses Abwehrverhalten im Widerspruch zu ihrer gestalthaften Aussage stand. Ist denn hier NICHT Dauerfasching?

Daß hiesige Männer längst gelernt haben, nicht mehr wahrhaftig zu deuten, was sie sehen, ist dabei der entscheidende Unterschied. (Und das ist die eigentliche Kastration des Mannes; das Heben der Dinge in wahrhafte Welthaftigkeit wäre seine Aufgabe. Übrigens: die nächste chthonische Zeitbombe, darüber noch zu anderen Zeiten mehr.)

Noch dazu ist Fasching als Kulturerscheinung in der muslimischen Welt unbekannt. (Was über ihn mehr aussagt, als ihm lieb sein kann.**) Erwachsenwerden heißt also auf eine Art auch, den Fasching als "umgekehrte Zeit" zu halten.

Was auf frappierende Weise dem Verhalten gegenwärtiger junger, nachrückender Generationen entspricht. Die entsetzt sind, daß der Dauerfasching, zu dem sie bereits erzogen wurden, nicht auch jenseits des 30. Lebensjahres und bis in die Pension weitergeht. Ja, so manche politische Forderung und manches politische Programm ist nichts anders als das Versprechen, daß dieser Fasching auch weitergeht, und gar nie mehr endet. Und enorm viel Empörung hat ganz genau den selben Grund: Empörung, daß nicht doch noch und nur Fasching gelte.

Das so völlig aus der Diskussion auszublenden dient ganz sicher nicht dem Zugewinn an Wirklichkeitsfundierung. Sylvester-Köln legt vielmehr den Finger auf ganz andere - und sehr große - Fragen.

Aber die wollen wir lieber gar nicht gestellt wissen.




*Aus diesem Grund ist es für Eltern notwendig, ihre jugendlichen Kinder vor sich selbst zu schützen. Die (man kennt dies vor allem bei pubertierenden Mädchen) gerne mit Elementen des Frau-/Mannseins spielen, ohne deren Aussagewucht wirklich zu kennen, die sich erst dem reifen Menschen erschließt.

**Der Islam ist als solcher untrennbar mit einer dogmatischen Beschränkung der Wirklichkeitsrezeption verbunden. Deshalb die fanatistische Überbetonung des "Männlichen", als pseudologisch die Wahrnehmung überlagernde Ebene einer ontischen Verfehlung. Erst als er sich dann auch zu einer "Religion" formierte - beginnend im 9., defintiv werdend im 12./(13. Jhd., zementierte er sich logischerweise auf einen Interpretationsstandard ein. So gut wie lale, womit wir es heute beim Islam (namentlich der Sharia) zu tun haben sind deshalb Rezeptionsstand des 13. Jhds., der im späten 19. Jhd. noch einmal erneuert wurde. 

Das sieht übrigens auch der Muslime und gewiß großartige Denker Navid Kermani so, was zu entdecken den VdZ ziemlich erfreut hat. Im selben Maß starb seine Poesie. Und DIE ist seine eigentliche Stärke, wenn man nach dem Guten im Islam sucht. Aber dazu muß man in die Zeiten VOR dem 13./19. Jhd. ausweichen. Ab da war der Islam unausbleiblich nur noch Kulturerstickung. Die Sehnsucht vieler Muslime - die der VdZ durchaus ernstnimmt und achtet - nach den "Zeiten von Cordoba" (der VdZ weist wieder und wieder auf die wunderbaren Schriften von T. H. Lawrence, und den großartigen, wenn man genau hört: tiefsinnigen Film "Lawrence of Arabia" hin) hat ihr wahrhaftiges fundamentum in re.
 



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