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Samstag, 19. März 2016

Ehe als Dreiecksbeziehung

So wie beim Schriftsteller (Graham Greene: "Es gibt keine katholischen Schriftsteller, sondern nur Schriftsteller, die katholisch sind.") gibt es also auch keine "katholische Ehe", sondern nur gültig geschlossene Ehen (wozu bei der Ehe auch die nicht verzichtbare Mit-Stiftungsfunktion der Öffentlichkeit gehört), die katholisch und damit sakramental sind. Und letzteres sind sie, sobald beide Ehepartner getauft sind.*

Nur insofern, als die Kirche die societas perfecta ist, kann sie Urbild jeder Ehe sein. Das zu sehen, zu finden, kann auch Inhalt einer "katholischen Ehevorbereitung" sein, samt einer katecheseähnlichen Anleitung zu einem konkret religiösen Leben, mit Riten und Zeitschaffungsmomenten durch entsprechende Tages- und Jahreskreiselemente. Um so aus dieser Anbindung an die Gnade diese je neu ins Leben einzulassen, denn Riten sind die Türen, durch die sie eintreten kann.

Aber aus diesem Bezug zur Übernatur ergibt sich noch etwas, das auf ein Konstellation in der Ehe hinweist, die gar nicht disponibel ist, sondern bei deren Verfehlen auch die Ehe diffundiert. Selbst wenn sie nominell - "Treue" als "moralische Hochleistung" ist gar nicht so selten, wie man glaubt, dabei kann sie sogar das genaue Gegenteil werden, gerade im Beisammenbleiben, das vor der eigentlichen Formwerdung zurückscheuen ließ, sonst wären die Konflikte unüberwindlich geworden - aufrecht bleibt.

Erst in dieser Transzendierung auf die Form "Ehe" hin (in ihrer hierarchischen, also funktionalen Konstellation) wird der reale Moment "in Christo" gestellt, auf Gott hin gelebt. Das ist auch bei jeder anderen gesellschaftlichen Form und Lebensgestalt nicht anders: sie muß immer ein Hinwegsteigen über sich auf die idea sein; erst so wird sie zum Schlüsselmoment der Freiheit, denn Freiheit entsteht erst durch Bindung, weil nur die reale Bindung ein freies Verhältnis zu sich selbst schafft.

Ein direktes Zueinander von Mann und Frau "als Ehe", wie es heute so oft "gesucht" wird, gibt es also eigentlich gar nicht. Darin überfordert man immer den anderen, weil die Erwartungshaltung gar nicht erfüllbar ist. (Fatal hat in diesem Zusammenhang das verquere Ideal der "Liebesehe" gewirkt.) Sondern es ist ein Dreiecksverhältnis, und zwar immer, auch bei der nicht-sakramentalen Ehe. Erst in dem (und in der Haltung dazu), was aus dieser Spitze des Dreiecks (der Form, der idea also) überfließt, in der Selbsttranszendenz auf die jeweilige Einzelperson  "herunterfließt", wird der andere erkennbar, und damit auch überhaupt erst liebbar.²

Sohin ergibt sich ein reales persönliches Miteinander aus einem gemeinsamen "Auf-die-Idee-zu-sein". Was der andere in mir weckt (hier hat durchaus der Eros seinen Platz) ist ein Hin-Gerichtetsein auf diese idea zu. In dem Fall: Ehe. Darin liegt der Grund für die Ehelichkeit des Sexuellen, die in sich ein Verweis auf die Natur des Verhältnisses von Mann und Frau zueinander sind. Deren Entstehungs- wie Erfüllungsort aber die Leiblichkeit selbst ist.**

Aus dieser idea heraus ergibt sich auch, was bzw. wie ich am anderen zu handeln habe - wieder: am konkreten Ort der Leiblichkeit, aber auch der alltäglichsten Realitäten (sie sind das, was man "Geschichte" nennen kann), die nicht unwichtig oder ersetzbar wäre, sondern in diesem Konnex in eine entscheidende Bedeutung und Würde gehoben ist. Aber auch das ist im Natürlichen nicht anders als beim Sakramentalen (der Ehe unter Getauften), es ist nur nicht mit der Übernatur verbunden, lebt nicht in dieser bzw. aus dieser Dimension.





*Die Einführung einer von der sakramentalen getrennten "Zivilehe" hat hier nur Verwirrung gestiftet. In Wahrheit sind diese beiden Dinge gar nicht trennbar, aber auch aufeinander bezogen. Sich eine Natur ohne Übernatur - ohne Bezug auf die Idee im Geist, also: das Seyn - zu denken ist gar nicht möglich, denn "ein Ding ist" überhaupt nur, soweit es an diesem Seyn (der Heidegger'sche Begriff scheint gut brauchbar, der VdZ übernimmt ihn vorerst einmal) überhaupt teil hat. Ohne es gäbe es nicht einmal Satan; und die Hölle ist nicht der Ort "des Nichts", sondern des "gewollten Nichts": wer in der Hölle landet leidet deshalb unendliche Qualen, weil er den Seinswillen seines Seienden (als Transzendenz auf das Seyn, aus dem alles Seiende sein Sein hat) nicht erfüllen kann weil als Mensch in der Zeitlichkeit nicht wollte.

²Vielfach wird im Ablehnen des "Gendering" der Sachverhalt gar nicht wirklich gesehen, sondern beschränkt sich auf bestimmte Symptome. Aber damit leistet man der Diskussion einen Bärendienst, ja widerlegt sich selbst, gerade im biologistischen Argument. Vielmehr setzt das Gendering dort an, wo jeder aber die Diskussion scheut, denn da würde es mühsam: In der konkreten Rolle, die die Geschlechter jeweils im Leben haben. Wenn eine Dr. Gerl-Falkowitz (die in kirchlichen Kreisen gerne "herumgereicht" wird, weil sie sich gegen "Gendering" ausspricht) also meint, es sei durchaus Männlichkeit, Kinder zu wickeln (natürlich soll hier nicht von jenen Ausnahmen gesprochen werden, die eher als "Unfall" zu werten sind, weil das Alltagskonzept einmal bricht), denn die Polarität sei auf anderen Gebieten maßgeblich und zu leben, so irrt sie, und gar nicht wenig. Gendering beginnt gerade sogar dort, wo man die Frau nicht mehr als "Hausfrau" (als Herrin des Hauses, in der Hinordnung auf das Haupt der Familie, den Mann bzw. seinen Namen) bezeichnet und prinzipiell sieht, weil Berufsbezogenheit nichts mit Geschlecht zu tun hätte. Das hat es sehr wohl! Und wir haben uns durch diese Verwirrung unglaubliche praktische Probleme eingehandelt, weil die "Frau im Beruf" ein ontologisches Problem ist. Hier wird mit dem Wort "Gleichberechtigung" gerade auch in kirchlichen Kreisen betrüblichster Unfug angerichtet, und ein ganz fatal technizistisches, funktionalistisches, ja in Wahrheit materialistisches Geschlechterkonzept eingemengt. Der VdZ behauptet: Weil man in Wahrheit das Kreuz scheut, das mit dieser Diskussion anhebte. Denn dann würde sich die Kirche wirklich "gegen die Zeit" weil gegen den Staat stellen. Solange das aber nicht "behoben" ist, braucht man über Maßnahmen, Ehe und Familie "zu stärken", indem man sie zum "Ding für sich" macht, herausgelöst aus dem gesellschaftlichen Rahmen, als wäre eine "gute Ehe auch so" lebbar, quasi: abgehoben, in einer Art "Eigenwelt", gar nicht nachdenken. Die Verwendung ihrer theologischen Konzeption wird darin zur schrecklichen Selbsttäuschung.

**Ein biologistischer Ansatz, wie er oft zu hören ist (Argument: Fortpflanzung), greift also viel zu kurz, ja liegt häufig nahezu falsch, soll damit die Unmöglichkeit einer Homosexuellen-Ehe argumentiert werden ohne daß der Hintergrund (Offenheit für das Seyn) der Fortpflanzungsfähigkeit ausreichend mitbedacht wird. Vielmehr liegt diese Unmöglichkeit im Wesen der Homosexualität begründet, die eine Verweigerung der Selbsttranszendenz auf die idea hin bedeutet. Da braucht man noch gar nicht mit Schuld oder einer eventuell ererbten Disposition (als Selbstschwäche! als in-sich-Verkrümmung!) kommen. Auffällig ist ja nicht zuletzt, daß auch Verbindungen unter Homosexuellen diese idea (als Mann und Frau ist der Mensch erst Mensch) nachzuahmen versuchen, in ihren Beziehungen je Männer und Frauen "sind". Homosexualität ist eine äußerst weitgehende Haltungsverfehlung, erst in zweiter Linie eine "Tatsünde". Der alte Begriff der Sodomie war hier weit treffender, und ist als vorübergehende Haltungsverfehlung (wie sie im Grunde jede Sünde weil Naturverfehlung ist) ganz anders zu bewerten als die bewußte Haltung "ich BIN homosexuell".




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