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Dienstag, 21. Juni 2016

Homöopathisches Wirkprinzip der Ideen (1)

Daß der Film Vorbild für den Piloten der Germanwings war - der seine Maschine mitsamt den Passagieren in den Alpen gezielt zerschellen ließ, alles spricht für diese Variante - kann sicher nicht ausgeschlossen werden, vielleicht hat er ihn auf die Idee gebracht. Ideen haben so ihr Eigenleben. 

Sie sind wie winzigste Samenkörner, die durch die Lüfte, von Molekülpferd zu Molekülpferd getragen werden, und irgendwo irgendwann einen Boden finden, der sie aufnimmt und aufgehen läßt. Sie entfalten diese Wirkung, sobald sie irgendwie manifestiert, ausgesprochen, dargestellt sind, in Spuren, die man fast als homöopathisch bezeichnen könnte. Und irgendwie sind diese Wirkprinzipien der ahndungsvollen Ausrichtung als auch die Wirkmacht (die kleinsten Potenzen wirken am mächtigsten, und zwar durch und in den Empfängern, die sie von innen her überwältigen, weil sie als Außen kaum oder sogar als Mangel (!) konkretisierbar sind) vergleichbar.

Selbst das Aussprechen kleinster Worte sollte deshalb immer einer Grundhaltung der Bedachtheit entstammen. Was nicht heißt, skrupulös alle Hin- und Rücksichten unendlich durchzukauen. Aber Wort und Sprechen ist Tat, es ist und setzt logos. Als übergreifende weltwirkende Wirklichkeit setzt es im Definieren Entstehungskeime von Welt, in einer Bewegung aus Befruchtung und Aufnahme stellt es materia in eine Gestalt, die immer Beziehungsgestalt ist.* Ist ein Wort einmal gesagt, entwickelt es deshalb immer ein tätiges Eigenleben. Die Welt IST in ihrer ersten Wirklichkeit eben Wort. Und menschliches Wort ist Analogie zum logos. Es ist immer dem Prinzip der persönlichen Verantwortung unterworfen, und ist getreu seinem Wesen dynamisches Bild (idea).**

Auch der Film wirkt in der Regel über Wort (NICHT über Symbol, wie fälschlich oft geglaubt wird, bestenfalls über Symbolismus, und auch das ist ein Ebene des Worts weil Zitat, Bezug auf bereits Bekanntes.***) Jedenfalls wurde ein Jahr vor der Katastrophe der spanisch-argentinische Film "Wild Tales" mit großem Erfolg an die Öffentlichkeit gebracht. Darin geht es um einen Piloten, der seine Lebensrache - er, der sich als zerbrechliches, zartes Antilopenjunges sieht, das von einer Meute Geparden gehetzt wurde - dadurch vollzieht, daß er die versammelte Täterschaft mit sich und seiner Maschine in den Tod reißt, in den er sogar noch sein Elternhaus mitnimmt, auf das er das Flugzeug stürzen läßt.

In besserer Auflösung als hier findet der geneigte Leser den Film auf Vimeo.









Morgen Teil 2) Bemerkungen. Über Sprache - 
Über das Deutsche und die Wunder des Ungarischen - 
Über Film als Kunst




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