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Freitag, 29. Juli 2016

Von Kreuzesscheu und logos, also: von der Welt (1)

Man kann verschiedentlich beobachten, daß es wie eine Drohung mit der Rute wirkt, wenn man auf das Wesen des Kreuzes als Wesen des Christentums hinweist. Das doch immer noch in unserer Kultur an allen Ecken und Enden zu sehen ist. (Und selbst da schon in vielfachen "verwaschenen", "abgeschwächten" Formen vorkommt, als wollte man vermeiden, daß seine Wirklichkeit erkennbar wird - Leiden, Hinweggabe, Tod.) Noch. Ja, nachgerade wird oft so getan, als sei dies "abschreckend", nachgerade wird dabei die Erlösungstat - Gott selbst starb am Kreuz - auf eine Weise dargestellt die glauben machen könnte, daß es für den Menschen deshalb und seither auch "ohne Kreuz" gehe. Daß es für den Menschen gar nicht notwendig sei, immerhin habe ja Christus selbst "für viele" sein Leben gegeben.

Das Kreuz stellt sich heute oft schon in einem Verständnis dar, als "ginge es eigentlich auch ohne". Ja, da und dort tritt es noch in Singularität auf. Wenn der Nachbar gemein ist, die Tochter einen beleidigt, der Verbrecher einem das Haus abbrennt oder man einen vererbten Klumpfuß oder eine Krebserkrankung oder den plötzlichen Tod eines Geliebten zu bewältigen hat. DANN ja, dann, so meinen viele, dann wäre es auch heute noch Kreuz. Aber sonst? Wären also alle gut, würde das Leben immer mehr von Hindernissen freigeräumt, so müßte man daraus schließen, wäre eine Welt ohne Kreuz also durchaus möglich.

Welch ein Irrtum. Denn was solche Singularitäten - wo Leid aus einem gewissen Rahmen ausbricht, in einem (relativ schlimmen) Ereignis aus dem Alltäglichen heraustritt - kennzeichnet ist nicht mehr als daß es eine Grundhaltung herausfordert und übersteigt und erweitert. Aber das Kreuz ist kein Ereignis der Singularität, sondern es ist (notwendig zu erringende) menschliche Grundhaltung überhaupt! Ja, man kann es auf die Spitze treiben und mit gutem Recht sogar sagen: Ohne Kreuz gibt es überhaupt nichts. Nicht einmal die Welt. Denn Jesus hat das Kreuz nicht von den Menschen weggezaubert; er trägt es nicht einmal an ihrer Stelle, sondern wenn wir es aufnehmen, nimmt er seine Last - sein Joch. Aber er hat mit seinem Kreuz, das wir in unseren Stuben und auf den Feldwegen sehen, nur geoffenbart, was die Welt im Innersten zusammenhält! Er hat gezeigt, daß es die Grundhaltung des Kreuzes ist, das die Spannung auf jenen logos fruchtbar macht.

Auf den logos nämlich als Beziehungsfeld, das das Wesen der Dinge definiert bzw. ist. Dieses Wesen aber ist nicht einfach "da"!, sondern es ist nur "da", wenn es "actu" ist, also sich selbst vollzieht. Und das tut es in seiner Spannung auf das eigene Wesensbild hin, auf das hin es sich überschreiten muß - das ist das eigentliche Wesen der "Aktivität". Was ist ist eben nicht einfach, sondern ist nur, wenn es "isset", also aktiv ist. 

Deshalb ist das Kreuz Symbol des Wesens aller, buchstäblich aller Dinge der Welt, der Welt überhaupt, die die Welt eines Zueinadner (logos) der Dinge ist. Nicht also kann man sagen: Dinge sind IN der Welt, und können ihrem Raum hinzugefügt oder auch wieder herausgenommen werden können; Dinge SIND die Welt. Sind sie nicht aktiv, ist die Welt nicht. Welt ist also ein gigantisches, und wirklich (qualitativ; man darf es sich nicht summativ quantitativ vorstellen) unendliches System aus Beziehungen.

Welt ist also nur "von oben nach unten", vom logos her zu sehen. Sie ist nicht etwas, was "von unten nach oben" zufällig als Gefüge entsteht oder sich dann irgendwie "organisiert", wie der Materialismus (in allen Spielarten, vom extremen Liberalismus über den Evolutionismus, über Fehlschlüsse über für sich stehen sollende "Begabungen" bis zu diesen lächerlichen Organisationsentwicklungsprozessen in Firmen) in seinem Fehlschluß annimmt.

Der eigentliche Begriff "Idealismus" benennt demgegenüber eine nur aus Gedanken bestehende Welt, in der die Realia (die Dinge etc.) wie Anhängsel diese Ideen unberührt lassen und nur ihren Ausdruck bilden. Daß dies nicht so ist zeigt eine gedankliche Analyse, in der klar wird, daß diese Ideen eine in-sich-Dimension haben, also durchaus sehr real Träger dieser Ideen sind, wenn auch nicht einfach als "faktisches Ding". Doch haben diese Ideen - logos heißt: "auf zu", "Sinn" - in sich selbst und aus sich selbst eine Bezogenheit aufeinander, die wiederum in ein System eines gewissermaßen schichtenweise aufgebauten Gesamtlogos, Gesamtsinn der Welt überhaupt eingebettet sind. Die die eigentliche Wirklichkeit sind.

Dies vermag der Mensch in den Dingen zu erkennen, und in der sinnlichen Gleichförmigkeit und der Haltung der Antwortoffenheit (logos braucht eine Hingespanntheit im Erkennenden, sonst kann er gar nicht erkannt - also: im Verstand "adäquiert" - werden; wer also den Dingen nicht gehorsam sein möchte, weil ermeint, er könne sie selbst bestimmen, sie ergäben sich aus ihm sowieso, wer Erkenntnis also nicht als personal-sittlichen Akt auffaßt und betreibt, wird also nicht nur Welt nicht oder ungenügend erkennen, sondern er wird in Konflikt mit dem Weltgefüge kommen - er wird ihre Ordnung nicht erfassen können, er wird Chaos, Störung und Verfall bewirken)



Morgen Teil 2)





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