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Donnerstag, 22. September 2016

Vom Richtigen im Falschen - Deutschland

Man muß ja nicht jedes Detail lieben, das Jan von Flocken anführt und einordnet. Dennoch wirkt sein hausverständiger, höchst umfassender, weitsichtiger Blick immer wieder befreiend (wenn auch dem Hausverständigen als Art eine Rolle zu spielen eine eigene und subtile Täuschungsmacht innewohnen kann, wenn sich der Zuhörer im gebotenen Schauspiel verliert, dessen Wahrheit beurteilt, und nicht die Wahrheit selbst.) Auch auf die Gegenwart, ja gerade auf die Gegenwart. Denn die Gegenwart ist immer nur eine Metamorphose der Vergangenheit. Wenn es also etwas gibt, was jede Bildung geradezu grundlegen kann weil muß, ist es - Geschichte. Wer nicht weiß, woher er kommt, weiß nicht, wohin er geht. Der kennt sich (!) gar nicht.

Hier spricht von Flocken über Kaiser Wilhelm II. Das meiste würde der VdZ aus seiner bescheidenen Kenntnis heraus auch so sehen. Daß der VdZ mit dem Deutschland nach 1870/71 so seine Probleme hat, daß deshalb die gesamte deutsche Geschichte seither seines Erachtens nach völlig anders betrachtet werden muß, als es auch hier geschieht, muß nicht noch einmal erwähnt werden. Von diesem "falschen" Deutschland bzw. Staatsgebilde ausgehend, muß jede Geschichtserzählung nämlich selbstreferentiell bleiben. Sie kann also nur eine an sich bereits verfehlte Logik fortführen, und verläßt sie leider meist nicht mehr, ja verstrickt sich zutiefst darin. Worin sie sogar durchaus überzeugend wirken kann. Das macht auch jede Gerechtigkeit, wie sie  hier an Wilhelm II. geschieht, zum zwar richtigen Akt - aber im Falschen. Und das macht auch so manche landläufige Kritik an ihm nicht immer falsch.

Von der Basis reiner Ablaufanalyse aus läßt sich aber die deutsche Geschichte seit der Reichsgründung 1871, auf dem das heutige Deutschland beruht, nicht in ihrer metaphysischen, also in seiner wirklichen Dimension verstehen. Was ist da wirklich geschenen, so wirklich wirklich gewissermaßen, als sich die Deutschen (keineswegs mehrheitlich, das darf man dabei nicht vergessen! die Mehrheit der Menschen wollte keineswegs einen Superstaat, sondern war ihren traditionellen Staaten treu, doch waren die Technizisten wirkmächtiger) von der Kraft und Macht eines riesigen Staatsgebildes verführen ließen. Und dabei ihre eigentlichen kulturellen, völkischen Wurzeln (was mit ethnischen, rassischen Kriterien nur peripher zu tun hat, wenngleich AUCH damit, denn es geht um das Eigene, das immanente Selbstsein, und das Fremde, das Objekt, und das ist gestalthaft unterschiedlich) um gewisser moderner technischer Vorteile willen kappten. Alle späteren Probleme, auch, ja vor allem die ideologischer Natur, sind ganz exakt aus diesem Positivismus aufgestiegen.

Nicht, daß dies den Begriff "deutsch" desavouierte, der immer noch alle diese Teilstaaten einbe- und übergreift. Wie denn auch. Auch der VdZ - Österreich-Geborener mit schlesischer Wurzel - sieht sich und seine Nachkommen im großen Sinn als deutsch. Als Teil und Zugehörige zu einem geistigen Raumes, dem man durch die Muttersprache (und NUR durch die Muttersprache) unweigerlich und untrennbar angehört.

Aber dies ist nicht die Grundlage für einen Staatsbegriff. Den der VdZ tatsächlich in der personal-stämmischen Struktur "aller Deutschen" - als je organisches Gefüge - begründet sieht. Die einzige Form, die dem deutschen Raum gerecht würde, wäre ein gewissermaßen sopra-staatliches Reich. Und von dort ausgehend, in Verbindung mit dem religiös fundierten Reichsbegriff, der ohne Anbindung an die Kirche sinnlos ist, hat ein "Deutsches Reich" sogar jene Ordnungsaufgabe in Europa, die zu ergreifen es heute ja nicht einmal wagt, WEIL diese Dinge nicht geschieden werden. Damit bleibt nur ein "deutscher Staat". Eine nicht getroffene Unterscheidung, die zwar bei jedem Schritt und Tritt vor der Haustüre liegt, die sich gewissermaßen sogar (über die reale Macht) einschleicht, aber nie offen angenommen wird, weil er sich nicht legitimieren läßt.

So kann aber Politik nicht geschehen, die Instrumente hat, die sie verweigert, um Aufgaben zu lösen, die sich stellen, denen aber die Instrumente fehlen. So wird sie zum vielfältigen Täuschungs-, vor allem aber zum irrationalen Selbstzerstörungsmanöver aus unlösbaren Widersprüchlichkeiten. Denn ein Gebilde Deutschland in der heutigen Form und Größe HAT die zentrale europäische Aufgabe, aber nicht in dieser politischen Struktur. Während der Versuch, diese Frage mit "EU-Institutionen" zu lösen, notwendig scheitern muß, weil dieser EU eben die Legitimation fehlt, die Staaten Europas zu ordnen. Eine Solche "Staatspolitik" muß zwangsläufig und zunehmend gegen die Bürger laufen, denn irgendwann muß sich jede Politik wieder ans Naturrecht anschließen - und da beginnen die Widersprüche. Merkel macht also Staatspolitik, zu der sie nicht legitimiert ist (was sich am Widerspruch im Volk zeigt) mit einem Reichtsgehabe, zu dem ihr die Legitimation erst recht fehlt.

Weil damals der innere Kitt in den deutschen Völkern noch groß war, war die Politik Wilhelms II. in ihrer Naturrechtsproblematik noch kaum erkennbar. Sich von einem (bismarck'schen) positivistischen, voluntaristischen, preußisch-protestantischen Staatsbegriff (der jedem der ihm beitrat, eine "falsche", aber reale Macht verhieß) begeistert fortreißen zu lassen war als innerer Widerspruch des Staatsgebildes noch nicht so spürbar, wie es etwa in der Zuwanderungsfrage 2015 endgültig spürbar wurde. Als dieses Deutschland in einem nächsten Schritt eines "Putsches von oben" vielleicht endgültig zur Despotie wurde, in der das seit Jahrzehnten aufgekommene neue Establishment einer Funktionselite nun rücksichtslos (und mit entsprechenden Instrumenten, wie jenen der Meinungszensur) über den Rest des Volkes bestimmt und ihm jede Relevanz abspricht.










*100816*