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Sonntag, 4. Juni 2017

Kapitalismus funktionert nur noch durch Totalitarismus

Daß Figuren wie Slavoj Zizek als populäre und vielgelesene Philosophen in Europa gelten kann man nicht anders werten denn als Zeugnis, auf welch erbärmlichem geistigen Niveau sich dieser Kontinent bereits befindet. Bzw. das, was als Kultur Öffentlichkeit und Sprachraum bedeutet, und Sprachraum ist eben geistiger Raum. Aber eines kann man dem Slowene, der klar Linker ist und daraus nie einen Hehl machte, nicht absprechen: Er ist irgendwie immer wieder originell, sucht doch irgendwie einen eigenen Standpunkt.

Und das macht dieses aktuelle Interview mit ihm durchaus interessant (leider für manche Leser: wieder auf Englisch, was soll man tun ...)  Zizek (sprich so bienensummend, daß die Schneidezähne rumoren "Schischek") sagt, daß die Wahl von Macron eine schwere Fehlleistung der Linken war. Denn mit Macron hat wieder ein Kandidat des Establishments gewonnen. Damit aber wurde genau jene gesellschaftliche Stimmung gestärkt, die das "Problem Le Pen" überhaupt erst hochkommen hat lassen. Deshalb war jede Stimme für Macron heute - eine Stimme für Le Pen morgen.

Vernichtend auch Zizeks Einschätzung des Verhaltens der amerikanischen Demokraten auf Trump. Denn Zizek, der es schon früher immer lächerlich fand, Trump als "Faschisten" zu bezeichnen, meint, daß Trump doch eine äußerst moderate Politik betreibt, die sogar die gesamten Linien der Vergangenheit mit aufgreift. Und er weist auf ein beachtliches Phänomen hin: Sämtliche linke Regierungen der Welt BEGRÜSZTEN die Ankündigungen Trumps, zukünftig "America first" zu stärken. Sogar eine linke Gallionsfigur wie Robert Mugabe (Rhodesien/Zimbabwe) war auf der Seite Trumps, denn er fand es nur zu unterstützenswert, wenn Amerika zukünftig seine Rolle als Weltpolizist aufgeben würde. Zudem zeigt die reale Politik Trumps, daß alles nur halb so heiß gegessen wird wie gekocht. In Wahrheit macht Trump kaum etwas anders, als es auch die Demokraten getan haben und hätten. 

Interessant deshalb auch, was er zu Großbritannien sagt: Es gibt in diesen Ländern (GB samt USA) eine massive Volksbewegung gegen das Establishment. Das hat die Oligarchie in diesen Ländern aber nicht begriffen. Und so haben sie die Menschen gar nicht mehr erreicht, denn diese hatten die Nase voll von einem System, das sein einziges Heil in einem "Weitermachen wie bisher" sah. Jeder normale Mensch in Europa und den USA weiß, daß es SO nicht mehr weitergehen KANN und darf. Aber die Oligarchen haben genau das vertreten, denn anders können sie ihre Position nicht halten. Damit ist es zu einem Machtvakuum in England wie in den USA gekommen, und dieses haben Protestparteien aufgefüllt.

Die Linken haben sich also seit langem in dem Einschätzung der politischen Entwicklungen weltweit vertan. Sie haben kaum berücksichtigt, ja gar nicht begriffen, wie sehr diese Proteststimmen (die Proteststimmen gegen den Globalkapitalismus sind!) IHR SELBST in die Hände spielen würden, und hat sich völlig vertan in ihrer Position, in der sie weltweit die Position des Establishments eingenommen und damit die Originalposition der Linken sogar verraten haben.  Damit hat sie es überall verabsäumt, eine ALTERNATIVE anzubieben, und gilt nun sogar als Teil des Establishments, also des Kapitalismus.

Dabei hat sie sich sogar soweit heruntergelassen, daß sie sich den realen Problemen - die Zuwanderungsproblematik etwa, oder der Arbeitslosigkeit und dem Lohndumping heimischer Arbeiter, die Notwendigkeit die Biogenetik oder die Geldflüsse zu regulieren, die ökologischen Probleme, die Probleme der Überwachung, ja was denn nicht (Zizek bekommt hier einen wunderbar zu beobachtenden cholerischen Anfall; naja, das sei Liebhabern slowenisch-UNTERSTEIRISCHER Weine durchaus verziehen, dort wäre auch der VdZ längst schwerer Alkoholiker mit manchem Anflug von Cholerik mehr, weil sich die Leber bereits selbständig einmischt) - also, sogar die Realitäten auf groteske Weise verweigert hat. Dabei haben sogar ein Elon Musk oder ein Bill Gates erkannt und öffentlich bekundet, daß sie meinten, daß der Kapitalismus an sein Ende gekommen sei. Aber die Linke tut mittlerweile, als wäre sie selbst das Establishment! 

Diese Realität aber hat die Linke in unseren Ländern aber nicht einmal ignoriert, und damit die Zeichen der Zeit, die ihr selbst in die Hände spielen würden, auf fatale Weise nicht erkannt. Stattdessen vertritt sie Positionen des "man kann nichts ändern". Was aber wäre je eine andere Position der Linken gewesen, als revolutionär alles zu verändern? Ihr fehlt stattdessen jedes Konzept, wie sie die nahenden Katastrophen bewältigen könnte, und niemand glaubt ihr noch, Die Linke weiß einfach nicht mehr, wofür sie überhaupt steht, ihr fehlt jede Vision! Die Linke hat nur dann eine Chance, wenn sie als "Partei der Ordnung" begriffen wird.  

(Daß das ein Widerpsruch in sich ist, ist eben einem bekennenden Marxisten wie Zizek nicht einmal im Ansatz klar, sondern reiner und wirrer Rundumschlag im Überlebenskampf. Die Linke ist eben als Irrtum, als Unwahrheit immer wiedersprüchlich, und das war nie anders, weil es gar nicht anders sein kann. Zizek widerspricht sich ja auch ständig, und merkt es nicht.) Aber sie hat kein Konzept von Ordnung mehr. (Eben, also was nun: soll sie revolutionär sein? Oder doch Ordnung vertreten? Zizek weiß es auch nicht.)

Was Zizeks Beobachtungen nicht weniger köstlich macht denn er weiß natürlich auch keinen Ausweg. Denn der Kapitalismus rettet sich heute - durch kommunistische, autoritäre Systeme. Sie sind heute (siehe China) die effizientesten kapitalistischen Systeme und treiben weltweit den Kapitalismus voran. Der Kapitalismus funktioniert heute also gar nicht mehr als Ausfluß des Liberalismus wie früher, sondern durch strenge, ja nationalistische (Indien!, aber auch China) und autoritäre Systeme. Wir haben heute also die verrückte Situation eines gobalen Marktes, der nur deshalb (so gut) funktioniert, weil sich kulturell-ideologisch totalitäre Machtverhältniusse durchsetzen. Siehe China, siehe Indien, aber auch Erdogan oder Putin. 

Einen "freien Markt", der alles reguliert, gibt es nicht oder nicht mehr. Nicht mehr heute. Der Zusammenhang von Demokratie und Freiem Markt (Kapitalismus) besteht offensichtlich nicht oder nicht mehr.

Durchaus erstaunlich wird Zizek, wenn er über Ehe und Liebe spricht. Zizek hat ja schon vor Jahren provokant vorhergesagt, daß wenn die Entwicklung so weiter geht, der Mensch noch Tiere heiraten wird. Und so weit, meint er nun, sind wir davon gar nicht entfernt. Man soll sich doch bitte anschauen, was für Kult bereits mit toten Tieren getrieben wird. Wo v. a. Wohlhabendere sich jeden Luxus leisten, um ihre Beziehung zu ihrem verstorbenen Haustier zu institutionalisieren bzw. bleibend darzustellen. (Man sollte auch einmal die Situation des heutigen "Tierschutzes" unter diesem Aspekt genauer durchdenken, der VdZ sieht das als Aufgabe an sich selbst - steckt nicht darin auch ein gehöriger Teil solcher Abirrung? Anm.) 

Aber die Entwicklung der Ehe heute, in ihrer Tendenz zur Poly-Partnerschaft, ist metaphysisch unhaltbar, meint der Slowene. Denn jede Liebe, jede wirkliche Liebe - und die gibt es, wie er meint (und vielleicht mander der Leser dieser Zeilen aus "empirischer Erfahrung" bestätigen wird) - bedeutet, daß man ohne DIESE EINE PERSON nicht leben, nicht sein kann! Deshalb kann sich Liebe, Ehe nur auf eine Person beziehen.  Noch interessanter, zweifellos, wird Zizek, wenn er über die LBGT-Agenda spricht. 

Denn er meint, daß zeitgleich mit den Wahlen in den USA und Kanada dort eine Diskussion über die "Toilettenfrage" (gendergerechte Einteilung, usw. usf.) vom Zaun brach. Nur - diese Diskussion hatte mit dem Empfinden der sogenannten "normalen Menschen" überhaupt nichts zu tun. ALLEN diesen Leuten (der bei weitem überwiegenden Mehrheit) wurde aber nun signalilsiert, daß sie kein Recht auf Normalität hätten, sondern daß es privilegierte Anforderungen gäbe, denen sich alle zu fügen hätten. Zizek hält also alle diese LBGT Agenden, die political correctness, als übertriebene, übersteigerte Leidenschaft von Bürokraten, denen jeder Kontakt mit den normalen Menschen fehlt. 

Zizek wehrt sich nicht gegen den Anspruch von "Transgenderpersonen" (was eben zeigt, daß er metaphysisch ein Luftschwimmer ist; aber wer ist das heute nicht; Zizek "ahnt" manches, aber er hat keine Ahnung, er hat es nie durchdacht, dazu fehlt ihm die sittliche Kraft; Anm.), aber dann sind sie eben eine "dritte Toilette", in der nichts definiert ist. Man kann aber deshalb nicht der Mehrheit der Menschen ihre "normalen Toiletten und Geschlechterzuordnungen" ABSPRECHEN. Diese "dritte Toilette" wäre dann eben eine Art "leere Toilette", wo jeder hingehen kann. Immerhin sind gut 98 % der Menschen klarer Geschlechtszuweisung. Selbst Homosexuelle (ja, eben, er hat durchaus originelle Gedanken!) sind eben Männer, die es mit Männern treiben wollen. Aber sie verstehen sich als Männer!

Völlig pragmatisch und gedanklich unkoordinierbar äußert sich Zizek dann, wenn es um konrkete Probleme geht, die er als solche sieht. Er kann sie nicht mehr ordnen. Und er zeigt, wohin die Verwirrungen der Philosphie der Gegenwart führen. 

So ist er irritiert, daß in den slowenischen Medien (wie er sagt) als Grund für den 2. Weltkrieg der vondenJuden erklärte Krieg gegenüber Hitler-Deutschland gelte. Das sei allgemeine Überzeugung. Aber wie dagegen argumentiren, wenn allgemein akzeptiert gleichermaßen die Auffassung herrscht, daß Wahrheit nur subjektiv sei? Da bestehe doch ein Problem?! Wie kann man dann noch objektive Geschichtswahrheit fordern? Aus demselben Grund sei er persönlich nicht geneigt, in einem Land zu leben, wo er ständig argumentieren müsse, WARUM Vergewaltigung nicht in Ordnung sei. Nein, er wolle in einem Land leben, wo das einfach ein Faktum ist!  Darüber plötzlich diskutieren zu müssen, es belegen, beweisen zu müssen, sei doch ein Zeichen totalen Rückschritts? 

Fazit, wirkliches Fazit des VdZ: Die Philosophie der Gegenwart steht vor ihrem Bankrott, und bekennt das sogar schon, weiß nur keinen Ausweg mehr. Die Ehrlichsten bekennen das auch, und dazu kann man Slavoj Zizek durchaus zählen. Was sie begründete, was sie fordern ließ, erweist sich als einfach nicht haltbar, weil es den einfachsten Lebenstatsachen widerspricht. Zizek ist und war einer ihrer Proponenten, aber er ist was sie alle waren: ein wirrer Schwafler der Schickeria, der mit seinem Denksystem bei keinem widerspruchsfreien Ende herauskommt. Und deshalb ineiner Philosophie steht, die seinem persönlichen Empfinden, Wollen und Leben sowie dem der Allgemeinheit nicht auch nur im Entferntsten noch entspricht, das das Leben einfach nicht mehr fassen kann. 

Zum Abschluß noch um seine Einschätzung der Folgen des Brexit gefragt, meint Zizek (durchaus interessant): Der Brexit wird England noch mehr den Wildheiten eines globalen Freien Marktes ausliefern. Denn wenn man reklamiert, daß Brüssel die Märkte zu sehr regulieren wollte, so darf man nicht ügbersehe, daß dies die letzte Garantie für die Einhaltung gewisser Standards (z. B. hinsichtlich Ökologie oder sozialer Standards, wie Arbeitszeitregelungen) war. Ohne EU wird Großbritannien nun gezwungen sein, diese Standards selbst zu setzen oder zu halten, aber das wird in einem völlig freien Weltmarkt kaum machbar sein, will man wettbewerbsfähig bleiben. Man muß also die "Regulierungswut" Brüssels nicht immer negativ sehen. Sie sind auch Selbstschutz der europäischen Staaten, die sonst den Mechanismen des brutalen Welt-Wettbewerbs hilflos ausgesetzt wären.









*200517*